Die Herausgabe von Behandlungsunterlagen an Ärztliche Stellen

von RA und FA für Medizinrecht Sören Kleinke, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Für Radiologen besteht – in noch etwas größerem Umfang als bei Ärzten anderer Fachgruppen – eine Vielzahl von rechtlichen Pflichten gegenüber Patienten und Institutionen wie beispielsweise der Ärztekammer oder der Ärztlichen Stelle. Diese Pflichten gegenüber den verschiedenen Adressaten können im Einzelfall miteinander kollidieren, sodass es für den Radiologen schwer ist zu entscheiden, welcher Pflicht der Vorrang zu gewähren ist. Über solche Konfliktsituationen müssen dann im Zweifel die Gerichte entscheiden. Der folgende Beitrag beschreibt daher einen Fall, den die Richter vor dem Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a.M. entscheiden mussten (Az: 4 E 1892/97). Es ging um die Herausgabe von Behandlungsunterlagen an eine Ärztliche Stelle – leider in der Praxis nicht selten.

Arzt zur Heraus­gabe an Ärztliche Stelle verpflichtet

Nach dem Urteil gilt: Verlangt eine Ärztliche Stelle die Vorlage von Patientenunterlagen wie beispielsweise Röntgentagebücher, so stellt die Herausgabe dieser Unterlagen grundsätzlich keine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht und auch keine Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften dar. Denn gemäß § 17a Abs. 1 und4 Röntgenverordnung (RöV) sind der Ärztlichen Stelle auf deren Verlangen Unterlagen vorzulegen, die sie zur Erfüllung ihrer Pflichten benötigt. Aufgrund der RöV haben Ärztliche Stellen bei den Betreibern von Röntgeneinrichtungen Prüfungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass bei der Anwendung von Röntgenstrahlen am Menschen die Erfordernisse der medizinischen Wissenschaft beachtet werden und die Strahlenexposition des Patienten so gering wie möglich gehalten wird.

Für solche Prüfungen muss es nach Auffassung des VG auch möglich sein, die Indikation für eine bestimmte Untersuchung durch entsprechende Aufzeichnungen der Patientengeschichte nachzuweisen. Aus diesem Grund sei die Ärztliche Stelle darauf angewiesen, patientenbezogene Daten zu erhalten. Allerdings stellt das VG fest, dass auch die Vorlage von anonymisierten Patientenunterlagen dafür ausreichend sein kann, wenn eine Zuordnung der Unterlagen für die Ärztliche Stelle möglich ist.

Entscheidungskonflikt: Unterlagen anonymisiert übergeben?

Das Urteil des VG verschafft dem Radiologen eine gewisse Rechts-sicherheit. Problematisch ist jedoch die vom VG offengelassene Frage, in welchen Fällen die Vorlage von anonymisierten Patientenunterlagen ausreicht und wann der Radiologe zur Vorlage der vollständigen Unterlagen verpflichtet ist.

Praxishinweis: Ist die Vorlage von anonymisierten Unterlagen für die Prüfzwecke der Ärztlichen Stelle ausreichend, so ist der Radiologe weder verpflichtet noch berechtigt, die nicht-anonymisierten Unterlagen vorzulegen, sodass er sich auch hier wieder in einem Entscheidungskonflikt befindet.

Notwendigkeit der Anonymisierung abfragen

Da die Ärztliche Stelle ihre Forderungen auch im Wege der Festsetzung von Zwangsgeldern durchsetzen kann, sollte der Radiologe nicht auf Konfrontationskurs gehen, sondern mit der Ärztlichen Stelle kooperieren. Verlangt diese die Herausgabe von patientenbezogenen Daten, so sollte er –am besten schriftlich – nachfragen, ob es nicht ausreicht, die verlangten Unterlagen in anonymisierter Form vorzulegen. Wird dies von der Ärztlichen Stelle verneint, kann dem Radiologen bei Übersendung nicht-anonymisierter Daten kein strafrechtlicher Vorwurf einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gemacht werden.

Der BDR hat im Rahmen seines ständigen Rechtsprechungs-Reports Radiologie in „Der Radiologe“, Ausgabe 11/2008, S. 1094 (RRR Nr. 168) darauf hingewiesen, dass mit dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 2008 (Az: 6 A 73108.Z) offengeblieben ist, ob auch die Vorlage der Befunde und der Original-Röntgenbilder (statt eines Datenträgers) verlangt werden kann. Dies wird vom BDR bekanntlich verneint (vgl. „Der Radiologe“ 2006, S. M112).