Der Verkauf einer Radiologiepraxis – wichtige Hinweise für Abgeber

von RA Vincent Holtmann, Kanzlei Voß.Partner Medizinrecht, Münster, voss-medizinrecht.de

Mit zunehmendem Alter und anhaltender Alltagsbelastung kann bei niedergelassenen Radiologinnen und Radiologen früher oder später der Wunsch entstehen, beruflich kürzer zu treten. Damit dies reibungslos gelingen kann, bedarf es einer möglichst frühzeitigen Planung und Vorbereitung des Ausscheidens- bzw. Übertragungsszenarios. Unabhängig davon, ob die bisherige ärztliche Tätigkeit in einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis erfolgt ist, sollten bei der Übertragung einer Praxis bzw. von Anteilen davon stets einige Grundregeln beachtet werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Lebenswerk angemessen honoriert wird und der Ruhestand mit klaren, gesicherten Verhältnissen beginnen kann.

Einen Nachfolger finden

Beinahe jede Praxisübergabe beginnt mit der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. So erfolgt der Weg in die Niederlassung für Radiologen regelmäßig durch die Übernahme einer bestehenden Praxis bzw. von Anteilen an einer Gemeinschaftspraxis. Dies gilt ganz besonders dann, wenn (auch) eine vertragsärztliche Tätigkeit beabsichtigt ist. In einem solchen Fall ist eine gewisse Vorplanung besonders bedeutsam.

Ist die Übergabe einer Einzelpraxis an einen Fachkollegen geplant, so sollte bereits mit gewissem Vorlauf mit der Suche nach Bewerbern begonnen werden. Immerhin ist die Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit am Praxisstandort zwingend bedingt durch die erforderliche Genehmigung des Zulassungsausschusses (ZA). Insoweit empfiehlt es sich, den potenziellen Nachfolger bereits frühzeitig (etwa im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses) in die Praxis einzubinden. Dadurch können unter bestimmten Voraussetzungen Privilegierungen im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens erreicht und damit die Entscheidung des ZA zugunsten des ausgewählten Nachfolgers begünstigt werden. Nicht zuletzt können auch die Patienten auf diesem Wege nach und nach an den Übernehmer gewöhnt werden.

Dies gilt gleichermaßen im Falle des Ausscheidens aus einer bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Hier werden sich regelmäßig die verbleibenden Praxispartner schwerpunktmäßig um eine passende Nachfolge bemühen.

Besteht bereits ein Anstellungsverhältnis mit dem potenziellen Nachfolger, kann es sich unter Umständen auch anbieten, auf die eigene vertragsärztliche Zulassung zugunsten einer Anstellung bei dem Nachfolger zu verzichten. Ein solches Vorgehen hat primär den Vorteil, dass der Vertragsarztsitz in der Praxis erhalten bleibt, ohne dass es eines aufwendigen Nachbesetzungsverfahrens bedarf. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Ausscheidende wenigstens drei Jahre auf dem Angestelltensitz tätig ist, wobei eine schrittweise Reduzierung des Tätigkeitsumfangs möglich ist. Anschließend verbleibt das Nachbesetzungsrecht bei dem Nachfolger. Ein positiver Effekt besteht dann zudem darin, dass der Abgeber den Erwerber zunächst noch in einer Übergangsphase unterstützen kann und dabei selbst „peu à peu“ die eigene Tätigkeit reduzieren kann.

Ob ein solches Vorgehen – gerade mit Blick auf die Drei-Jahres-Regelung – in Betracht kommt und wie die Überleitung des Sitzes ansonsten gewährleistet werden kann, ist stets im Einzelfall zu eruieren.

Praxistipp

Soll mit der Veräußerung auch die Überleitung des Vertragsarztsitzes erfolgen, so sollte man sich frühzeitig nach einem geeigneten Nachfolger umschauen. Sodann sind Konzepte zu erarbeiten, die den Erhalt des Sitzes in der Praxis gewährleisten können.

 

Alternative: Einbringung der Praxis in ein MVZ

Abseits von der klassischen Übertragung der Praxis an eine Einzelperson besteht zudem die Möglichkeit, den gesamten Praxisbetrieb in ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) einzubringen. Inzwischen finden sich zahlreiche Investoren am Markt, die auf den Erwerb von Praxisbetrieben und deren Umstrukturierung in Versorgungszentren spezialisiert sind. Dies verwundert nicht, nachdem auch Berufseinsteiger vermehrt auf die – naturgemäß mit deutlich geringeren finanziellen Risiken verbundene – Anstellung anstelle der Selbstständigkeit setzen.

Ein solches Modell kann sich insbesondere dann anbieten, wenn der Abgeber seine ärztliche Tätigkeit zwar noch nicht vollständig aufgeben möchte, andererseits aber den mit der Selbstständigkeit verbundenen Mehraufwand einsparen, eigene finanzielle Risiken minimieren und damit letztlich die Vorzüge einer reinen Anstellung genießen möchte. Der Abgeber gibt damit gewissermaßen „das Zepter aus der Hand“, was in jeglicher Hinsicht bei der Entscheidung zu bedenken ist. Auch ein solcher Schritt sollte daher nicht voreilig geschehen. Wichtig ist, dass in den Vertragsverhandlungen die gegenseitigen Erwartungen klar formuliert und in geeignete schriftliche Vereinbarungen umgesetzt werden.

Vertragliche Absicherung

Egal, ob die Praxis an einen Nachfolger bzw. einen professionellen Investor übertragen wird, oder das Ausscheiden aus einer Gemeinschaftspraxis beabsichtigt ist: In jedem Fall sollte eine vertragliche Fixierung unter professioneller Begleitung erfolgen.

Umfang der Übertragung

Wie schon im Beitrag zum Praxisverkauf (in RWF Nr. 10/2022; siehe weiterführender Hinweis) dargelegt, ist insbesondere bei der vollständigen Praxisübertragung die exakte Bezeichnung des Kaufgegenstands von entscheidender Relevanz. Neben der Erstellung eines Anlagenverzeichnisses, in dem die vom Kauf erfassten Güter aufgeführt sind, ist aus Verkäuferperspektive zudem eine Auflistung derjenigen Gegenstände von Interesse, die gerade nicht übertragen werden sollen. Dies können etwa bestehende Bankkonten der Praxis, besonders werthaltiges Zubehör für die Bildgebung oder private Kunst- oder Deko-Elemente sein. Eine dezidierte Bezeichnung dieser Positionen im Vertrag trägt dazu bei, nachträglichen Auseinandersetzungen vorzubeugen.

Die Ausführungen gelten entsprechend für den Fall des Ausscheidens aus einer Gemeinschaftspraxis, wobei dort ggf. die auf die verbleibenden Partner zu übertragenden Werte ebenso gründlich zu benennen und etwaige Abfindungsansprüche zu beziffern sind.

Kaufpreis bestimmen

Der Abgeber wird schließlich ein Interesse daran haben, einen angemessenen, finanziellen Gegenwert für die Übertragung seines beruflichen Lebenswerks zu erhalten. Insbesondere mit Blick auf die werthaltigen radiologisch-medizinischen Gerätschaften kann es sich daher anbieten, den Praxiswert bzw. den Wert des Anteils an der Gemeinschaftspraxis von professioneller Seite beziffern zu lassen. Hierzu stehen neben den Ärztekammern insbesondere auch spezialisierte Steuerberater für entsprechende Analysen zur Verfügung.

Der so ermittelte Kaufpreisanspruch sollte im Zuge des Vertragsschlusses unbedingt abgesichert werden. Dies kann etwa durch die Einholung einer Bankbürgschaft durch die Käuferseite geschehen.

Steuern berücksichtigen

Steuerliche Gesichtspunkte spielen bei der Praxisübertragung ebenfalls eine bedeutsame Rolle. Insbesondere sollten Praxisabgeber unbedingt den steuerlichen Freibetrag bei der Betriebsveräußerung im Blick behalten. Hat der Abgeber demnach zum Stichtag der Übertragung seines vollständigen Betriebs das 55. Lebensjahr vollendet, so wird ein Veräußerungsgewinn nur dann zur Einkommensteuer herangezogen, soweit dieser 45.000 Euro übersteigt. Dieser Freibetrag kann allerdings nur einmal im Leben beansprucht werden. Zudem sind weitere steuerliche Begünstigungen bezogen auf die Restsumme denkbar.

Praxistipp

Da die Praxisveräußerung stets auch steuerliche Konsequenzen auslöst, sollte immer ein Steuerberater in die Abwicklung mit einbezogen werden. Gesetzlich vorgesehene Freibeträge sollten bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Abgabe sowie bei der Bezifferung des Kaufpreises unbedingt beachtet werden!

 

Fazit

Die Beendigung der Tätigkeit als niedergelassener Radiologe sollte im Hinblick auf die damit verbundene Abgabe der Einzelpraxis bzw. von Gemeinschaftspraxisanteilen mit ausreichend Vorlauf geplant werden. Dies gilt ganz besonders, wenn auch eine vertragsärztliche Tätigkeit übergeleitet werden soll. Bei der Planung und vertraglichen Umsetzung sollten stets juristische und steuerrechtliche Profis zu Rate gezogen werden, um die vielschichtigen Regelungspunkte sachgerecht angehen und Fallstricke umgehen zu können.

 

Weiterführender Hinweis