Der nicht in den Praxisbetrieb eingebundene Radiologe ist selbstständig tätig

von RA, FA für MedizinR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

Ein Radiologe unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht, wenn er zwar als Urlaubsvertretung in einer Praxis befundet, dabei aber seine Tätigkeit frei gestaltet (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2017, Az. L 11 R 2433/16 ).

Der aktuelle Fall 

Eine Radiologin übernahm aufgrund mündlicher Vereinbarung tageweise Urlaubsvertretungen für eine Gemeinschaftspraxis. Inhalt ihrer Tätigkeit war die Befundung von radiologischen Untersuchungen (MRT, CT und Röntgen) in den Praxisräumen, i. d. R. von 09:00 bis 14:00 bzw. 15:00 Uhr. In Dienst- oder Urlaubspläne war sie nicht eingebunden. Sie musste nicht an Dienstbesprechungen teilnehmen oder Dienstkleidung tragen. Die Rentenversicherung sah dies als abhängige Beschäftigung an. Hiergegen klagte die Praxis und bekam recht.

Die Entscheidung 

Maßgeblich war, dass die Radiologin – im Gegensatz zu den in der Praxis angestellten Ärzten – nicht in die Arbeitsorganisation der Praxis eingebunden war:

  • Sie trug keine einheitliche Kleidung mit Praxislogo und eingesticktem Namen.
  • Sie nutzte nicht das hausinterne Zeiterfassungssystem.
  • Ihr waren keine Protokolle vorgegeben.
  • Sie wurde nicht zu Fortbildungen angehalten.
  • Ihr wurden keine festen Arbeitszeiten oder Schichten ohne vorherige Absprache und gegen ihren Willen zugewiesen. Sondern ihr stand es frei, an welchen Tagen sie eine Urlaubsvertretung übernehmen wollte.

Übrige, sonst zur Abgrenzung zwischen abhängiger und selbstständiger Tätigkeit genutzte Kriterien (wie Weisungsfreiheit oder Übernahme eines eigenen wirtschaftlichen Risikos) waren neutral oder unergiebig. Daher stellte das Gericht auch auf den Willen der Praxis und der Radiologin ab: Da beide erkennbar kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wollten, spricht dies für eine selbstständige Tätigkeit.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt, dass es gut ist, wenn der Wunsch, frei zu arbeiten, auch nach außen hin zum Ausdruck kommt, z.B. durch die unterschiedliche Kleidung und die Befreiung vom Schicht- und Dienstplan der Praxis. Praxisinhaber, die einen Arzt zeitweilig als freien Mitarbeiter beschäftigen wollen, sollten vor Beginn der Tätigkeit anwaltlich prüfen lassen, ob die Tätigkeit auch hinreichend „frei“ ausgestaltet ist.