Der Einsatz von MFA in der Strahlentherpie: Fortschritte durch neue Delegationsvereinbarung

von Rechtsanwältin Claudia Reich, Professor Dr. Hendrik Schneider, Hannelore König (Co-Autorin), Sabine Ridder (Co-Autorin)

Jeder Arzt in der Radiologie und Strahlentherapie ist im Praxisalltag auf die Unterstützung durch Medizinische Fachangestellte (MFA) angewiesen. Manche Verwaltungsbehörden wollen jedoch die Aufgaben der MFA auf bloße Hilfstätigkeiten reduzieren. Die seit 1. Oktober 2013 geltende Delegationsvereinbarung (siehe auch Beitrag in RWF Nr. 10/2013, Seite 3) dürfte aber ein Signal setzen, dass Behörden ihre teilweise restriktive Verwaltungspraxis zum Einsatz von MFA in der Strahlentherapie aufgeben.

Auffassung einiger Verwaltungsbehörden 

Rechtliche Grundlage für den Einsatz von MFA in der Strahlentherapie ist § 82 Abs. 2 Nr. 4 Strahlenschutz-Verordnung (StrlSchV). Hiernach können MFA bei der Anwendung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlen an Menschen technisch mitwirken, wenn Sie unter ständiger Aufsicht eines fachkundigen Arztes stehen und im Rahmen einer Weiterbildung die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz erworben haben.

Einzelne Verwaltungsbehörden haben zumindest vor Inkrafttreten der Delegationsvereinbarung vom 1. Oktober 2013 (siehe auch www.rwf-online.de/Downloads) die Auffassung vertreten, dass unter der „technischen Mitwirkung“ allein unterstützende Tätigkeiten zu verstehen sind. Die Begrifflichkeit „ständige Aufsicht“ wird außerdem in der Form ausgelegt, dass ein Arzt unmittelbaren Zugriff auf die unterstützenden Tätigkeiten haben muss. Dies bedeutet seine dauerhafte physische Präsenz zum Beispiel im Behandlungszimmer, wenn die MFA unterstützende Tätigkeiten erbringt.

Diese Ansicht wird damit begründet, dass der MFA im Vergleich zur Medizinisch- technischen Radiologieassistentin (MTRA) für den Einsatz in der Radiologie die nötige Qualifikation in Form der Fachkunde im Strahlenschutz fehlt und von ihr somit ein erhöhtes Gefährdungspotenzial ausgeht. Dies würde eine inhaltliche Beschränkung ihrer Tätigkeit und eine erweiterte Aufsicht erforderlich machen.

Grundsätze der Delegationsvereinbarung 

Ziel der Delegationsvereinbarung ist es, den Ärzten mehr Zeit für ihre Kernaufgaben zu verschaffen, ohne das Primat der ärztlichen Leistungserbringung auszuhöhlen. In der Vereinbarung wird daher beispielhaft geregelt, welche Tätigkeiten an nichtärztliches Personal delegiert werden können und welche Anforderungen hier gelten.

Die Vereinbarung und der dazugehörige Katalog stellen allerdings keine abschließende Regelung dar, sondern haben den Charakter einer beispielhaften Aufzählung. Diese soll den Handelnden als Orientierungshilfe dienen. So steht es in § 1 Satz 2 der Delegationsvereinbarung.

Positiv hervorzuheben ist die Regelung in § 4 der Delegationsvereinbarung, die die allgemeinen Anforderungen an die Delegation in folgenden Grundsätzen zusammenfasst:

  • Der Vertragsarzt entscheidet, ob und an wen er eine Leistung delegiert. Er hat eine Auswahl-, Anleitungs- und Überwachungspflicht.
  • Die Qualifikation des Mitarbeiters ist ausschlaggebend für den Umfang der Anleitung und Überwachung.

Auswirkungen auf den Einsatz der MFA im Bereich der Radiologie 

Sehr zu begrüßen ist, dass die Vertragspartner der Delegationsvereinbarung den Einsatz von MFA im Bereich des Röntgens nach RöV ausdrücklich in den Beispielkatalog delegierbarer ärztlicher Leistungen aufgenommen haben. Bedauerlich und der Sache nach nicht gerechtfertigt ist demgegenüber, dass dies nicht gleichermaßen bei der technischen Mitwirkung bei der Durchführung strahlentherapeutischer Leistungen nach StrlSchV geschehen ist.

Restriktive Verwaltungspraxis konträr zu aktueller Rechsprechung 

Dies entspricht nicht der aktuellen Rechtsprechung. So hat der VGH Baden-Württemberg in seinen Urteilen vom 17. Dezember 2012 (Az. 10 S 1324/12 und 10 S 1339/12) darauf verwiesen, dass „…allen Personen, welche die Anforderungen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4 oder 5 StrlSchV erfüllen, die Tätigkeiten der technischen Mitwirkung ohne Einschränkung erlaubt …“ sind.

Zu diesen Personen zählen neben den in der Delegationsvereinbarung genannten MTA und MTRA insbesondere auch die MFA. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Zudem ist hinsichtlich des Umfangs der Überwachung durch den Vertragsarzt und damit der Auslegung der „ständigen Aufsicht“ i.S.d. § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV durch die Delegationsvereinbarung ein Paradigmenwechsel erkennbar. Die bisherige Verwaltungspraxis versuchte, durch eine pauschale Einordnung der Tätigkeit der MFA im Bereich der Strahlentherapie als risikobehaftet eine stetige engmaschige Überwachungspflicht ohne Rücksicht auf den Einzelfall abzuleiten. Dabei blieb völlig unberücksichtigt, dass der Einsatzbereich der MFA in der Strahlentherapie und damit deren Kontrolle schon je nach verwendetem Strahlentherapiegerät unterschiedlich ausfallen kann. Insofern wurde der im Rahmen der Delegation von jeher geltende Grundsatz: „… Je gefahrgeneigter eine delegierte Tätigkeit ist, desto intensiver muss die Aufsicht ausfallen…“ nicht berücksichtigt.

Indem die Delegationsvereinbarung die Entscheidung über eine Delegation nunmehr in die Hände des Arztes legt und je nach Qualifikation ein unterschiedliches Maß an Anleitung und Überwachung fordert, ist der Weg von einer generalisierenden Betrachtung hin zu einer Differenzierung im Einzelfall eröffnet.

Für den Bereich des § 82 Abs. 2 Nr. 4 StrlSchV hat das VG Stuttgart in seinen Urteilen vom 11. Mai 2012 (Az. 4 K 3385/11 und 4 K 3386/11) bereits darauf verwiesen, dass es den gesetzlichen Vorgaben widerspricht, die MFA aufgrund ihrer vermeintlich geringeren Qualifikation per se einer strengeren Überwachung im Sinne einer dauerhaften physischen Präsenz durch den Vertragsarzt zu unterstellen. Vielmehr sollte dem Vertragsarzt durch Auflagen oder Genehmigung eines entsprechenden Sicherheitsberichts ein Entscheidungsspielraum eröffnet werden, innerhalb dessen er sich bewegen kann.

Abwehrmaßnahmen gegen restriktive Verwaltungspraxis 

Radiologische Praxen, die sich in Genehmigungsverfahren befinden, die eine Beschränkung der Tätigkeit der MFA zum Gegenstand haben, sollten sich gerichtlich zur Wehr setzen. Die MFA leisten im Rahmen der Strahlentherapie einen unverzichtbaren Beitrag. Neben der Abwertung und Geringschätzung des Berufsbildes der MFA hat die Verwaltungspraxis zur Konsequenz, dass viele radiologische Praxen, um auf Nummer sicher zu gehen, die MFA vermehrt durch MTRA ersetzen müssten. Da dies weder wirtschaftlich sinnvoll noch mit Blick auf die Qualifikation der MFA notwendig ist, zeigt sich der Irrweg des behördlichen Handelns. Da die Verwaltungspraxis auch verfassungsrechtlich, mit Blick auf die Berufsausübungsfreiheit der Praxisinhaber und der MFA aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz bedenklich ist, sehen wir bei entsprechenden rechtlichen Verfahren gute Erfolgschancen.

Zu den Autoren

  • Prof. Dr. Hendrik Schneider ist ordentlicher Professor an der Universität Leipzig, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie pp. und Präsident der Leipziger Akademie für Angewandtes Wissenschaftsrecht e. V.
  • Rechtsanwältin Claudia Reich, Kanzlei Boemke und Partner Rechtsanwälte, Leipzig (www.boemke-partner.de), ist schwerpunktmäßig im Medizinrecht tätig, Referentin an der Dresden international University und der FH Jena sowie weiteren Veranstaltern zu medizinrechtlichen Fachgebieten.
  • Hannelore König ist 1. Vorsitzende des Verbandes medizinischer Fachberufe e. V.
  • Sabine Ridder ist Präsidentin (Ressort Öffentlichkeitsarbeit) des Verbandes medizinischer Fachberufe e. V.