Contra: Abrechnung von MRT-Leistungen mit angemieteten Geräten – sehr zweifelhaft!

von RA, FA für ArbeitsR und MedizinR Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte, armedis.de

Ein noch junges Geschäftsmodell besteht darin, in Diagnostikzentren, die medizinische Großgeräte (z. B. MRT) sowie medizinisch-technisches Fachpersonal vorhalten, bestimmte diagnostische Dienstleistungen anzubieten. Ärzte, die über kein eigenes MRT-Gerät in ihrer Praxis verfügen, können ihre Patienten in eines dieser Diagnostikzentren schicken, wo die gewünschten MRT-Aufnahmen gefertigt werden. Die Bilder werden anschließend durch den beauftragenden Arzt in seiner Praxis befundet. Dieses Modell wirft nicht nur mit Blick auf die Abrechnung einige Fragen auf. Zweifelhaft ist auch in berufsrechtlicher Hinsicht, ob außer Radiologen auch andere Fachrichtungen die Dienste dieser Diagnostikzentren in Anspruch nehmen und die radiologischen Leistungen abrechnen können oder ob diese Leistungen für andere Fachrichtungen fachfremd sind.

Ablauf und Vorteile

Der beauftragende Arzt zahlt in diesem Modell für die Miete des Geräts an das Diagnostikzentrum eine Gebühr und rechnet die ärztliche Leistung (technische Durchführung der MRT-Leistung und anschließende Befundung) ab. Je nach Vertragsgestaltung ist bei der technischen Leistungsdurchführung im Diagnostikzentrum

  • ein Arzt der beauftragenden Praxis anwesend oder
  • die Ärzte der beauftragenden Praxis sind nur in ihrer Praxis erreichbar.

Ein solches Modell bietet auf den ersten Blick für alle Beteiligten nur Vorteile: Die Ärzte der beauftragenden Praxis sparen sich die Kosten, die für die Herrichtung der Räumlichkeiten entstehen, um dort beispielsweise ein MRT-Gerät aufstellen zu können sowie die Kosten für die Anschaffung oder das Leasing des Geräts. Die Kosten für die Anmietung eines solchen Geräts in einem Diagnostikzentrum dürften nur einen Bruchteil der Kosten ausmachen, die Ärzten, die MRT-Leistungen durchführen wollen, ansonsten entstehen würden.

Das Diagnostikzentrum refinanziert durch die Miete, die die beauftragenden Ärzte zahlen, die Anschaffung der vorgehaltenen Geräte. Zusätzlich ermöglicht die gezahlte Miete die Anstellung des vorgehaltenen medizinisch-technischen Fachpersonals. Ein Gewinn für das Diagnostikzentrum sollte auch noch übrigbleiben.

Fragen zur Kassenabrechnung

Fraglich erscheint allerdings, ob die auf diese Art und Weise erbrachten ärztlichen Leistungen abrechenbar sind, wobei zunächst zwischen Kassenpatienten und Privatpatienten differenziert werden muss.

Wenn die technische Durchführung der MRT-Leistung bei Kassenpatienten in einem Diagnostikzentrum erfolgt, dürfte eine Abrechnung der auf diese Art und Weise gegenüber Kassenpatienten erbrachten MRT-Leistungen gegenüber der jeweiligen KV nicht möglich sein.

Obligater Leistungsinhalt der MRT-Leistungen ist gemäß EBM jeweils die technische Durchführung der Leistung. Diese erfolgt im beschriebenen Modell aber nicht durch den abrechnenden Arzt, sondern durch das Diagnostikzentrum, sofern die beauftragenden Ärzte selbst nicht anwesend sind. Sind diese bei der technischen Durchführung der MRT-Leistungen anwesend, so erfolgt die Leistungserbringung allerdings nicht am Praxissitz.

Merke

Aus diesen beiden Gründen (fehlende Durchführung der Leistung durch den abrechnenden Arzt und/oder Leistungserbringung nicht am Praxissitz) dürfte dieses Geschäftsmodell für Kassenpatienten derzeit nicht in Betracht kommen.

 

Fragen zur Privatliquidation

Bei Privatpatienten, bei denen nach der GOÄ abgerechnet werden müsste, bestehen ebenfalls erhebliche gebührenrechtliche Bedenken. Zunächst ist auf die Vorschrift des § 4 Abs. 3 GOÄ zu verweisen, wonach die Praxiskosten einschließlich der Kosten für den Sprechstundenbedarf sowie der Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten mit den Gebühren abgegolten sind. MRT-Leistungen sind im Zusammenhang mit der letztmaligen Änderung des Gebührenverzeichnisses der GOÄ 1996 im Abschnitt O III (MRT-Leistungen) fast durchgehend mit einem Punktwert von 4.000 Punkten versehen worden, einzelne Leistungen sogar höher. Niedrigere Punktwerte finden sich nur bei ergänzenden Serien. Das Honorar des Arztes für die MRT-Leistungen ergibt sich aus der Multiplikation des Punktwerts gemäß §  5 Abs. 1 S. 3 GOÄ in Höhe von 5,82873 Cent mit dem Punktwert für die einzelne Gebührenziffer.

Historische Betrachtung sät Zweifel

Bei der Festsetzung der Punktwerte für die MRT-Leistungen hat der Gesetzgeber die Kosten für die Anschaffung der radiologischen Großgeräte oder deren Leasing eingepreist, da es Konstellationen, in denen Diagnostikzentren die mietweise Nutzung von medizinischen Großgeräten anbieten, im Jahr 1996 noch nicht gegeben hat. Diese Konstellation kann somit bei der Bemessung der Punktwerte noch keine Rolle gespielt haben.

Die Tatsache, dass der Gesetzgeber die Leistungen des Abschnitts O als Einheit zwischen dem medizinisch-technischen Vorgang und der anschließenden Befundung ansieht, ergibt sich im Übrigen aus Nr. 4 der Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt O der GOÄ.

Allgemeine Bestimmung I 4 vor Abschnitt O GOÄ

„Die Beurteilung von Röntgenaufnahmen (auch Fremdaufnahmen) als selbstständige Leistung ist nicht berechnungsfähig.“

 

Die Abrechnung von MRT-Untersuchungen, die in einem Diagnostikzentrum durch das dort beschäftigte medizinisch-technische Personal in Abwesenheit des behandelnden Arztes erbracht werden, dürfte somit möglicherweise bereits an Punkt I Nr. 4 Abschnitt O GOÄ scheitern. Ist hingegen der Vertrag zwischen dem Diagnostikzentrum und der Praxis, die die radiologischen Großgeräte im Diagnostikzentrum anmietet, so gestaltet, dass ein Arzt der Praxis selbst bei der Leistungserbringung anwesend ist, so bleibt eine andere Frage unbeantwortet. Es geht darum, ob es sich dann um eine Leistung des abrechnenden Arztes handelt, obwohl sie nicht mit eigenen Geräten erbracht wird. Der Arzt, der das Diagnostikzentrum in Anspruch nimmt und die dort vorgehaltenen radiologischen Großgeräte anmietet, hat für die Anmietung ebenfalls Praxiskosten. Allerdings dürften diese Praxiskosten nicht annähernd in der Höhe entstehen wie sie anfallen, wenn der Arzt die Geräte selbst kaufen oder leasen würde. Denn ansonsten würde sich das Geschäftsmodell weder für die Betreiber des Diagnostikzentrums lohnen noch für die Ärzte, die die Geräte anmieten.

Merke

Man muss also bei historischer Auslegung davon ausgehen, dass die Leistungen des Abschnitts O III GOÄ (MRT-Leistungen) so kalkuliert sind, dass der Arzt, der die Leistungen abrechnet, mit den Gebühren auch seine Kosten für

  • die Herrichtung der Räumlichkeiten und
  • den Kauf bzw. das Leasing der Geräte vergütet bekommt.

Davon ausgehend stellt sich die Frage, ob der Arzt, der in ein Diagnostikzentrum geht, die gleichen Leistungen abrechnen kann wie der Arzt, der das Gerät in der eigenen Praxis stehen hat. Dies erscheint doch sehr zweifelhaft!

 

Wie ggf. abrechnen nach GOÄ?

Sollten die Leistungen, die in solchen Diagnostikzentren erbracht werden, trotz der vorgetragenen Bedenken abrechenbar sein, so stellt sich die Frage, wie die Abrechnung zu erfolgen hätte. Denn in den Gebührenpositionen des Abschnitts O III ist die teilweise Leistungserbringung in einem Diagnostikzentrum nicht abgebildet. Hier kann man daran denken, die Gebührenziffern des Abschnitts O III GOÄ analog anzusetzen, allerdings wohl eher nicht mit dem Regelsatz (1,8-fach). Denn dafür ist nach § 6 Abs. 2 GOÄ eine nach Art, Kosten und Zeitaufwand vergleichbare ärztliche Leistung erforderlich. Die Kosten, die bei einer teilweisen Erbringung der Leistung in einem Diagnostikzentrum anfallen, sind aber deutlich geringer als bei der Leistungserbringung in einer eigenen Praxis.

Nach § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ sind eigene Leistungen des Arztes im Übrigen nur solche Leistungen, die er entweder selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht worden sind. Wenn der Arzt bei der Leistungserbringung im Diagnostikzentrum nicht anwesend ist, wird man von einer Leistungserbringung unter Aufsicht nach fachlicher Weisung eher nicht ausgehen können. Der Arzt, der sich in seiner Praxis befindet, kann nicht gleichzeitig die Aufsicht über die Leistungserbringung im Diagnostikzentrum ausüben.

Fazit

Die Kooperation des Arztes mit einem Diagnostikzentrum erscheint zwar unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als ausgezeichnete Idee. Jedoch ist nicht alles, was wirtschaftlich sinnvoll ist, aus medizinrechtlicher Sicht auch machbar.