Burnout bei ärztlichen Leitungskräften – Ursachen und Prävention

von Dipl. Päd. Werner Fleischer, Beratung – Coaching – Moderation, www.ihrcoach.com

„Burnout? Das ist doch eine Managerkrankheit.“ So oder ähnlich äußern sich noch immer viele Mediziner über Burnout. Dabei sind gerade Ärztinnen und Ärzte besonders häufig betroffen. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 25 Prozent aller niedergelassenen und 20 Prozent aller Ärzte im Krankenhaus unter unterschiedlichsten Burnout-Symptomen leiden.

Ursachen von Burnout bei ­Krankenhausärzten

Die Gründe für diese Entwicklungen sind vielfältig. Generell ist der Arztberuf verbunden mit einer hohen Verantwortung für die Patienten sowie den allgegenwärtigen Grenzen ärztlichen Handelns. Aus diesen Faktoren resultiert eine permanente emotionale und intellektuelle Präsenz bei gleichzeitig hohem Zeitdruck. Zusätzlich zu diesen berufsimmanenten Belastungen werden vielfältige äußere Anforderungen an Krankenhausärzte herangetragen, auf die sie nur sehr bedingt Einfluss nehmen können. Dazu zählen:

  • Hoher Veränderungsdruck aufgrund des zunehmenden wirtschaftlichen Wettbewerbs;
  • unsichere gesundheitspolitische Rahmenbedingungen;
  • hohe Arbeitsbelastung durch unbesetzte Stellen;
  • steigende Patientenzahlen;
  • zunehmende Belastung durch Dokumentationspflicht und administrative Aufgaben;
  • steigende Informationsvielfalt auf fachlicher und organisatorischer Ebene.

Alles in allem sind das enorme Herausforderungen, denen sich Krankenhausärzte Tag für Tag stellen müssen. Hinzu kommt, dass Mediziner darauf trainiert sind, anderen Menschen zu helfen und die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Vor diesem Hintergrund kommt der Burnout-Prävention eine besondere Bedeutung zu.

Prävention von Burnout

Für leitende Ärzte ist es gleich aus zwei Blickrichtungen wichtig, Burnout frühzeitig entgegenzuwirken: zum einen als selbst Betroffene, zum anderen als Vorgesetzte gefährdeter Mitarbeiter. Das setzt zunächst voraus, dass Burnout als ernste Gefahr wahrgenommen wird und nicht länger als Zeichen von Schwäche oder als ein persönliches Problem abgetan wird, mit dem jeder selbst fertig werden muss.

Die Auslöser eines Burnouts sind inpiduell sehr verschieden. Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass bestimmte Persönlichkeitsstrukturen die Entstehung einer Burnout-Krise begünstigen. Dennoch muss sich die Prävention auch auf andere Auslöser als die rein persönlichkeitsbedingten konzentrieren.

1. Risikofaktor der Fremdbestimmtheit minimieren

Anders als häufig angenommen ist nicht Stress allein die Ursache von Burnout. Erst wenn Unzufriedenheit hinzukommt, entsteht Burnout. Betroffene geben sehr häufig Zeitdruck und das gleichzeitige Gefühl der Fremdbestimmtheit als wichtige Ursache an. Sie fühlen sich in einem Dilemma zwischen Verantwortlichkeit und Hilflosigkeit. Hier gilt es anzusetzen und gegenzusteuern, sodass jeder Arzt das Maß an ­Eigenbestimmtheit erhält, das seiner Hie­rarchiestufe und seinem Reifegrad entspricht.

Das ist keine leichte Aufgabe für leitende Ärzte. Schließlich fühlen auch sie sich von den zahlreichen Herausforderungen so in die Mangel genommen, dass sie selbst von Burnout bedroht sind. Dennoch wird von ihnen – neben exzellenten medizinischen Fachkenntnissen – erwartet, dass sie ihr Team führen, ihre Mitarbeiter fördern und die Abläufe in ihrem Zuständigkeitsbereich gut strukturieren.

2. Alarmsignale erkennen

Leitende Ärzte müssen sich zum einen aus reiner Selbstverantwortung vor Burnout schützen, zum anderen aber auch, um nicht in ihrem Team als Auslöser bzw. Förderer von Burnout zu wirken. Besonders wichtig ist es, bereits die ersten Alarmsignale richtig zu deuten und ihnen wirkungsvoll zu begegnen. Das setzt ein Klima vertrauens­voller Kommunikation innerhalb der Abteilung voraus.

Phasen des Burnout

Zwar äußert sich ein Burnout inpiduell verschieden, dennoch lässt er sich grob in drei Phasen einteilen, die für die Beurteilung der Risiken wichtig sind:

  • Phase 1: Sie ist geprägt von Aktivität und Aggression. Die eigenen Bedürfnisse werden verleugnet, Aktionismus kennzeichnet das Verhalten. Starker Leidensdruck ist in dieser Phase selten. Sie kann mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte andauern.
  • Phase 2: Fluchtverhalten setzt ein. Kollegen und Patienten werden gemieden, für Freunde und Familie wird nur wenig Zeit investiert.
  • Phase 3: Das Leidensbewusstsein nimmt so zu, dass fachlicher Rat und Hilfe eingeholt wird. In dieser Phase steigen die Sucht- und die Suizidgefahr stark an.

3. Maßnahmen gegen Burnout ergreifen

Die Voraussetzung wirkungsvoller Burnout-Prophylaxe ist das frühzeitige Erkennen von Alarmsignalen. Der Leitaspekt eines Burnout, die zunehmende Fremdbestimmtheit, muss unbedingt durchbrochen werden, damit die Hoheit über das eigene Handeln wieder hergestellt werden kann. Damit das gelingt, bedarf es der Herstellung der Balance der vier Lebensbereiche

  • berufliche Entwicklung,
  • berufliche Funktion,
  • Familie/Partnerschaft und
  • eigene Person.

Checkliste beachten

Um die vier Lebensbereiche dauerhaft in ein stabiles Gleichgewicht zu bringen, sollten berufliche und private Ziele klar formuliert und immer wieder überprüft werden. In der nachfolgenden Checkliste sind einige Punkte angegeben, die hierfür eine Orientierungshilfe bieten.

Checkliste: Potenzielle Maßnahmen gegen ein Burnout

  • Risiken bewusst machen: „Wenn ich so weiter mache, bekomme ich einen Herzinfarkt.“

  • Vorteile konkret vorstellen: „Gelingt es mir, ein strukturiertes Wiedervorlagesystem einzuführen, kann ich nichts mehr vergessen.“

  • Verhaltensänderungen beschreiben: „Bis Freitag habe ich mir überlegt, welche Aufgaben ich delegieren kann.“

  • Zeitplanung: „Ich plane Freiräume für unvorhersehbare Ereignisse ein.“

  • Prinzip der Schriftlichkeit: „Wichtige Termine, auch private, trage ich mir sofort ein.“

  • Veränderungen ausprobieren: „Meine E-Mails rufe ich nur zweimal täglich ab.“

  • Erfolge belohnen: „Dafür, dass ich regelmäßig meine To-Do-Liste führe, nehme ich mir jeden Donnerstag Zeit, die Kinder ins Bett zu bringen.“

  • Priorisieren: „Bei aktuellen Ereignissen unterscheide ich zwischen dringend und wichtig.“

  • Fokussieren: „Der Anruf des Kollegen ist jetzt nicht wichtig, ich rufe später zurück.“

  • Um Unterstützung bitten: „Ich möchte wieder joggen, kommst Du mit?“

  • Zwischen Anspannung und Entspannung wechseln: „In der nächsten Woche ist so viel los, am Wochenende nehme ich mir nichts Wichtiges vor.“

Diese Maßnahmen sorgen für Entlastung und geben das Gefühl zurück, wieder Einfluss auf das eigene Leben nehmen zu können. Jedoch sollten die anvisierten Ziele in kleinen Schritten angegangen werden. Jeder Schritt ist ein wichtiger Meilenstein in Richtung mehr Zufriedenheit – für sich selbst, die Mitarbeiter, die Patienten und auch die Familie.