Bundesarbeitsgericht stärkt Arbeitgebern bei Überstundenklagen den Rücken

von RA, FA für MedR, Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat durch Urteil vom 10. April 2013 klargestellt, dass der Arbeitnehmer vor Gericht die Anordnung der Überstunden schlüssig darlegen und beweisen muss, die tatsächliche Präsenz am Arbeitsplatz jedoch nicht ausreicht (Az. 5 AZR 122/12).

Der Sachverhalt 

Die Parteien stritten über die Vergütung von Überstunden nach Auflösung eines festen Anstellungsverhältnisses. Der Kläger behauptete, insgesamt 498 Überstunden geleistet zu haben, die vom ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten angeordnet, zumindest aber geduldet worden seien. Die Beklagte bestritt bereits, dass der Kläger überhaupt Überstunden geleistet hat; jedenfalls seien diese von ihr weder angeordnet noch geduldet worden.

Die Entscheidungsgründe 

Das BAG lehnte einen Anspruch des Klägers ab. Erbringt der Arbeitnehmer Überstunden, muss der Arbeitgeber diese nur vergüten, wenn er die Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG setze ein Vergütungsanspruch voraus, dass Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen seien.

Der Kläger müsse dies beweisen – was hier nicht ausreichend geschehen sei. Der pauschale Hinweis, der ehemalige Geschäftsführer habe die Überstunden angeordnet, genüge nicht. Zudem habe der Kläger nicht dargelegt, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit nicht innerhalb der Normalarbeitszeit zu leisten war. Eine Duldung der Überstunden durch die Beklagte komme ebenfalls nicht in Betracht, da der Kläger über formelhafte Wendungen nicht hinauskomme.

Konsequenzen des Urteils für die Praxis 

Mit dem Urteil hat das BAG die Weichen für Überstundenklagen zugunsten der Arbeitgeber gestellt. Die Entscheidung gilt für Arbeitgeber allgemein, somit auch für Chefs radiologischer Praxen. Sie stellt klar, dass es nicht ausreicht, dass der Arbeitnehmer lediglich die Präsenz an der Arbeitsstätte darlegt und beweist – vielmehr muss er grundsätzlich auch die Anordnung der Überstunden durch den Chef schlüssig darlegen und im Zweifel beweisen. Überstundenklagen dürften daher nur noch dann erfolgreich sein, wenn Arbeitnehmer die konkret erbrachten Leistungen und den Grund, warum diese Leistungen außerhalb der üblichen Arbeitszeit erbracht werden mussten, penibel dokumentiert und sich diese durch den Arbeitgeber haben quittieren lassen.

Praxishinweis

Unter Umständen reicht jedoch eine Duldung des Arbeitgebers: Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte am 30. Juni 2011 (Az. 14 Sa 29/11) entschieden, dass ein Zahnarzt seiner Helferin Überstunden im Wert von 3.751,31 Euro vergüten muss. Er hatte ein Zeiterfassungssystem installiert, das die Anwesenheitszeiten genau dokumentierte. Die Überstunden habe der Arzt daher über einen längeren Zeitraum unwidersprochen zur Kenntnis genommen und mithin geduldet. Er musste daher die erfassten Überstunden auszahlen.