von RA, FA für MedR Dr. Tobias Eickmann und Ass. iur. Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Innerhalb des deutschen Vertragsarztsystems existiert kein Anspruch auf ein gleichmäßiges Einkommen aller Ärzte verschiedener Fachrichtungen. Dies entschied das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 8. Dezember 2010 (Az: B 6 KA 42/09 R) unter Zusammenfassung und Verweisung auf die sozialgerichtliche Rechtsprechung. Bestätigt hat das BSG dabei, dass auch ärztliche Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten einer Erhöhung der vertragsärztlichen Vergütung im Wege stehen können.
Geklagt hatte eine Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, die sich gegen eine aus ihrer Sicht zu niedrige vertragsärztliche Vergütung im Quartal 2/2005 zur Wehr gesetzt hatte. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) gab dem Widerspruch der Dermatologin gegen den Honorarbescheid nicht statt. Wie schon die Vorinstanzen wies nun auch das BSG die Revision der Ärztin als unbegründet zurück.
Das BSG sah keinen Anspruch der Ärztin auf Anhebung ihrer Quartalsvergütung. Ein subjektives Recht auf höheres Honorar aus § 72 Abs. 2 SGB V, der i.V.m. Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes die angemessene Vergütung vertragsärztlicher Leistungen sicherstellen soll, komme nach ständiger Rechtsprechung erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei. Dafür gebe es aber bei Dermatologen vorliegend keine Ansatzpunkte.
Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf ein erhöhtes Honorar nach dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, den die Ärztin wegen eines deutlichen Einkommensabstands zwischen Ärzten ihrer Fachgruppe und anderen Fachärzten verletzt sah. Der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit garantiere kein gleichmäßiges Einkommen aller Vertragsärzte. Das Gleichbehandlungsgebot gebiete nicht, dass die Überschüsse aus vertragsärztlicher Tätigkeit bei allen Arztgruppen identisch sein müssen.
Gewisse Unterschiede bei den Überschüssen aus vertragsärztlicher Tätigkeit seien vom Gesetzgeber durchaus gewollt und entsprechende Differenzierungen unter Versorgungsgesichtspunkten gerechtfertigt. Der Umstand, dass für einzelne Fachgruppen (wie Radiologen) aufgrund hoher Investitionserfordernisse und daraus resultierender wirtschaftlicher Risiken ein höherer Anreiz für eine Niederlassung als Vertragsarzt gegeben werden muss, könne ein zulässiges Differenzierungskriterium sein. Das gleiche gelte, soweit Anreize für die vertragsärztliche Tätigkeit in einem unterversorgten Gebiet gesetzt werden sollen.
Bei der Beurteilung, ob eine gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßende unzureichende Vergütung einer bestimmten Arztgruppe vorliegt, sind nach Auffassung des BSG auch die Einnahmen aus privatärztlicher sowie sonstiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Solche Nebenverdienste würden von den einzelnen Facharztgruppen in unterschiedlichem Umfang erzielt. So habe etwa die Gruppe der Hautärzte im Jahr 2007 mit 45,3 Prozent der Gesamteinnahmen einen deutlich überdurchschnittlichen Anteil ihres Einkommens aus privatärztlicher Tätigkeit generiert, sodass sich eine unzureichende Vergütung der Fachgruppe der Hautärzte insgesamt nicht feststellen lasse.
Die Entscheidung des BSG verdeutlicht einmal mehr, dass sich die Frage der „Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung“ einer subjektiven, aber auch einer pauschalen Bewertung entzieht. Maßgeblich sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Weder in bisherigen Urteilen noch in der jetzigen Entscheidung erklärt das BSG allerdings, warum privatärztliche Einkünfte im Rahmen der Angemessenheitsprüfung der vertragsärztlichen Vergütung – über die das BSG einzig zu entscheiden hat – zu berücksichtigen sind. In diesem Punkt überzeugt das Urteil nicht: Dieser Systembruch ist nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich nicht sachgerecht. Gleichwohl wird man – bis auf Weiteres – mit der BSG-Entscheidung leben müssen.
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