Bis zu 4.500 Euro steuer- und beitragsfreie Corona-Beihilfen noch bis 31.12.2022 möglich

von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, steuer-webinar.de

Das 4. Corona-Steuerhilfegesetz ist beschlossene Sache und damit auch der neue § 3 Nr. 11b Einkommensteuergesetz (EStG). Dieser gestattet es Arbeitgebern noch bis zum 31.12.2022, bis zu 4.500 Euro als Prämie an Arbeitnehmer infolge der Coronakrise steuer- und beitragsfrei auszuzahlen. Doch nur ganz bestimmte Arbeitnehmer können in den Genuss dieser „Brutto-wie-netto“-Zahlung gelangen. Mitarbeiter einer Radiologie-Praxis oder eines Radiologie-Instituts gehören glücklicherweise dazu. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Voraussetzungen dabei zu erfüllen sind.

Hintergrund: „Corona-Bonus“ Phase I und II

Über § 3 Nr. 11a EStG war es allen Arbeitgebern in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.03.2022 möglich, den bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmern aufgrund der Coronakrise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuer- und beitragsfrei zu leisten („Phase I“). Nun wurde durch das 4. Corona-Steuerhilfegesetz als „Phase II“ der § 3 Nr. 11b EStG eingeführt. Dieser gestattet es Arbeitgebern, noch bis zum 31.12.2022 bestimmten, besonders privilegierten Arbeitnehmern nochmals bis zu 4.500 Euro steuer- und beitragsfrei zuzuwenden.

Praxistipp

§ 3 Nr. 11a EStG und der neue § 3 Nr. 11b EStG schließen sich nicht gegenseitig aus. Arbeitnehmer können von beiden Vorschriften profitieren und so insgesamt bis zu 6.000 Euro vom Arbeitgeber steuer- und beitragsfrei erhalten.

 

Der neue § 3 Nr. 11b EStG – die Eckdaten

Damit die Leistung des Arbeitgebers bis zur Höhe von 4.500 Euro weder der Besteuerung noch den Sozialabgaben unterliegt, müssen sechs Voraussetzungen erfüllt werden: Die Leistung des Arbeitgebers erfolgt

  • 1. an einen seiner Arbeitnehmer, der
  • 2. in einer besonderen Einrichtung des Infektionsschutzgesetzes tätig ist,
  • 3. in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022,
  • 4. zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Coronakrise,
  • 5. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und
  • 6. die Leistung beträgt nicht mehr als 4.500 Euro (Höchstbetrag).

Praxisbeispiel

Radiologe R beschäftigt in seiner Praxis fünf MTRA. Er hat ihnen im Jahr 2021 einen nach § 3 Nr. 11a EStG steuer- und beitragsfreien Corona-Bonus von 1.500 Euro gezahlt. Als Anerkennung für die unermüdlichen Leistungen der MTRA während der Coronakrise möchte er ihnen im Jahr 2022 ebenfalls eine freiwillige Prämie zahlen.

Herausforderung: Zahlt Radiologe R seinen MTRA eine Prämie, unterliegt diese grundsätzlich der Besteuerung und den Sozialabgaben. Bei den MTRA kommen meistens nur 50 Prozent der Prämie netto an (30 Prozent Steuern/20 Prozent Sozialabgaben). Zudem muss R zusätzlich zur Prämie rund 20 Prozent Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungen entrichten.

Lösung: Radiologe R kann noch bis zum 31.12.2022 bis zu 4.500 Euro je MTRA über § 3 Nr. 11b EStG steuer- und beitragsfrei leisten. Dann kommen bei den MTRA netto 100 Prozent an (Ersparnis 30 Prozent Steuern/20 Prozent Sozialabgaben) und die Prämie kostet R ebenfalls lediglich 100 Prozent (Ersparnis 20 Prozent Sozialabgaben). Gesamtvorteil bei fünf MTRA und einer Zahlung von jeweils 4.500 Euro: 15.750 Euro!

Der neue § 3 Nr. 11b EStG im Detail

1. Leistung an einen Arbeitnehmer

Es sind nur Leistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer begünstigt. Von der neuen Vorschrift profitieren daher neben normalen Voll- und Teilzeitkräften auch Minijobber und Auszubildende. Selbst Gesellschafter-Geschäftsführer können in den Genuss der steuer- und beitragsfreien Prämie gelangen. Leistet der Arbeitgeber hingegen an freiberufliche Mitarbeiter eine entsprechende Prämie, kommt § 3 Nr. 11b EStG nicht zur Anwendung (keine Arbeitnehmer).

2. Tätigkeit des Arbeitnehmers in einer bestimmten Einrichtung

Für die Steuer- und Beitragsfreiheit muss der Arbeitnehmer in einer Einrichtung im Sinne des § 23 Abs. 3 Nr. 1 bis 4, 8, 11 oder Nr. 12 Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder des § 36 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 7 IfSG tätig sein. Unter diese Vorschriften fallen u. a. Krankenhäuser, Dialyseeinrichtungen, ambulante Pflegedienste und Rettungsdienste. Doch auch Tätigkeiten des Arbeitnehmers in Arztpraxen oder Zahnarztpraxen sind begünstigt. Damit können z. B. auch alle in einer Radiologiepraxis tätigen Arbeitnehmer profitieren.

Praxistipp

Da es auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers ankommt, können selbst Arbeitgeber eines Leiharbeitnehmers eine nach § 3 Nr. 11b EStG begünstige Leistung erbringen. Voraussetzung ist dann, dass der Leiharbeitnehmer in einer entsprechenden Einrichtung (z. B. Arztpraxis) tätig ist, also eine Entleihung an einen Praxisinhaber erfolgt. Gleiches gilt für im Rahmen eines Dienstleistungs- oder Werkvertrags bei einer anderen Person eingesetzte Arbeitnehmer.

 

3. Leistung vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022

Die Begünstigung gilt nur für Leistungen in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022. Praxisinhaber sollten daher noch im Jahr 2022 handeln und die Begünstigung in Anspruch nehmen. Zusätzliche Leistungen nach dem 31.12.2022 unterliegen nach den normalen Grundsätzen der Besteuerung und den Sozialabgaben.

4. Zahlung zur Anerkennung besonderer Leistungen

Die Steuerbefreiung ist dafür gedacht, die von den Arbeitnehmern während der Coronakrise erbrachten besonderen Leistungen zu honorieren. Deshalb muss zwischen der Zahlung und den Arbeitsleistungen während der Coronakrise eine Verbindung bestehen. Es sollte deshalb zwischen Radiologe und dem Mitarbeiter (z. B. MTRA) eine Vereinbarung getroffen werden, aus der erkennbar ist, dass mit der Zahlung die besonderen Leistungen während der Coronakrise honoriert werden.

Musterformulierung

„Die Gewährung der einmaligen Zahlung (in Höhe von … Euro) erfolgt durch (Arbeitgeber) freiwillig als sonstige Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. Die Zahlung soll die von (Name Arbeitnehmer) erbrachten besonderen Leistungen während der Coronakrise honorieren und anerkennen. Dies wären insbesondere … (Beispiele, wie der unermüdliche Arbeitseinsatz trotz der ständigen Gefahr einer Infektion in der Arztpraxis). Eine Steuer- und Beitragsfreiheit der Zahlung ist in § 3 Nr. 11b EStG begründet.“

 

5. Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

Nur zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers können von § 3 Nr. 11b EStG begünstigt sein. Damit gilt insbesondere bei einem Gehaltsverzicht oder bei einer Gehaltsumwandlung keine Steuer- und Beitragsfreiheit. Die Leistung muss vielmehr „on top“ erfolgen. Wann die Leistung diese Voraussetzung erfüllt, definiert § 8 Abs. 4 EStG. Danach werden Leistungen immer dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  • 1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird,
  • 2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt wird,
  • 3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und
  • 4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Bereits wenn einer der vier Punkte nicht erfüllt ist, liegt keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistung vor.

6. Höchstbetrag von 4.500 Euro

Leistungen des Arbeitgebers berechtigen nur insoweit zur Anwendung des § 3 Nr. 11b EStG, wie diese den Höchstbetrag von 4.500 Euro nicht überschreiten. Leistet ein Radiologe beispielsweise 5.000 Euro, kann für 4.500 Euro die Begünstigung genutzt werden. Die verbleibenden 500 Euro unterliegen der Besteuerung und den Sozialabgaben. Zudem ist es möglich, dass der Arbeitgeber die Zahlung splittet (z. B. Auszahlung in mehreren Teilbeträgen) oder er seinen Arbeitnehmern nur einen Bruchteil des Höchstbetrags gewährt (z. B. 1.000 Euro). Weiterhin kann die Leistung des Arbeitgebers nicht nur in Geld, sondern auch in einer Sachleistung bestehen (z. B. kostenloser Urlaub). Bezüglich des Höchstbetrags ist die Sachleistung dann in einen Geldbetrag umzurechnen (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG).

Praxistipp

Bestehen mehrere Arbeitsverhältnisse, kann der Arbeitnehmer mehrfach von dem Höchstbetrag profitieren. Denn dieser gilt je Arbeitsverhältnis. Wechselt eine MTRA zum 01.09.2022 die Klinik/Praxis, kann sie also sowohl bis zum 01.09. vom alten, als auch ab dem 01.09. vom neuen Arbeitgeber bis zu 4.500 Euro steuer- und beitragsfrei erhalten.