Bewertungsausschuss beschließt RLV-Änderungen

In Ausgabe Nr. 3/2009 hatten wir bereits kurz über die von der KBV zum 1.Juli 2009 geplanten Änderungen an der RLV-Systematik berichtet. Am 20.April hat der Bewertungsausschuss perse Änderungen zur Berechnung und Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regel­leistungsvolumen beschlossen. Die Änderungen treten grundsätzlich erst zum 1. Juli 2009 in Kraft. Diejenigen KVen, die ihren Ärzten das RLV für das Quartal 2/2009 unter Vorbehalt zugewiesen haben, können die Änderungen im Einvernehmen mit den Krankenkassen auch schon mit Wirkung zum 1.April 2009 in Kraft setzen.

Umstellung der Fallzählung: Statt Arztfall jetzt RLV-Fall

Die wichtigste Änderung betrifft die Fallzählung für das RLV in Gemeinschaftspraxen. In den beiden ersten Quartalen 2009 erhielten fachgleiche Berufsausübungsgemeinschaften (Gemeinschaftspraxen) und Praxen mit angestellten Ärzten derselben Arztgruppe einen Zuschlag auf das RLV in Höhe von zehn Prozent. Bei fachungleichen Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten anderer Arztgruppen wurde die RLV-Fallzahl nach der Anzahl der abgerechneten Versicherten-, Grund- bzw. Konsiliarpauschalen ermittelt.

Zum 1. Juli 2009 sollte ursprünglich die Fallzählung für das RLV auf die Arztfälle einer Praxis umgestellt werden. Dies wird jedoch nicht umgesetzt, weil man befürchtet, dass durch den zu erwartenden Anstieg der Arztfälle in Gemeinschaftspraxen der Fallwert für das RLV deutlich sinkt mit entsprechenden Konsequenzen für Einzelpraxen und besonders spezialisierte Ärzte. Deshalb hat der Bewertungsausschuss beschlossen, für die RLV-Fallzählung auf den Behandlungsfall zurückzugreifen. Gleichzeitig hat er einen neuen Fallzahl-Begriff eingeführt – den RLV-Fall.

Wie bisher werden für die Fallzählung des RLV nur kurativ-ambulante Behandlungsfälle berücksichtigt. Für Einzelpraxen ergibt sich durch diesen Beschluss keine Änderung. Die Zahl der Behandlungsfälle entspricht der Zahl der RLV-Fälle einer Einzelpraxis.

Ermittlung der RLV-Fallzahl

In Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten wird die RLV-Fallzahl für jeden in der Praxis tätigen Arzt nach folgendem Schema ermittelt: Zunächst wird die Gesamtzahl der RLV-relevanten Behandlungsfälle der Praxis festgestellt. In einem zweiten Schritt erfolgt die Aufteilung dieser Fallzahl auf die einzelnen Ärzte der Praxis. Hierzu wird die Zahl der Arztfälle der in der Praxis tätigen Ärzte ermittelt und in dem prozentualen Verhältnis auf diese aufgeteilt.

Beispiel

Eine aus zwei Ärzten bestehende Gemeinschaftspraxis hat im Quartal 3/2008 insgesamt 2.500 RLV-relevante Behandlungsfälle abgerechnet. Die Zahl der Arztfälle dieser Praxis beträgt 3.000. Davon entfallen auf Dr. Meier 1.800 Arztfälle (60 Prozent) und auf Dr. Schulz 1.200 Arztfälle (40 Prozent). Die RLV-Fallzahl für Dr. Meier beträgt demnach 60 Prozent von 2.500, also 1.500, die RLV-Fallzahl für Dr. Schulz 1.000 (40 Prozent von 2.500). Die Summe der RLV-Fälle einer Arztpraxis entspricht also immer der Anzahl der RLV-relevanten Behandlungsfälle.

Neue Zuschlagsregelung für Gemeinschaftspraxen

Zur Aufrechterhaltung der Förderung der vertragsärztlichen Versorgung in Gemeinschaftspraxen wurde für Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten eine Zuschlagsregelung für das RLV beschlossen.

Das für die jeweilige Praxis durch Addition der auf die einzelnen Ärzte entfallende RLV wird wie folgt erhöht:

  • Fach- und schwerpunktgleiche Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe erhalten einen Zuschlag auf das RLV in Höhe von zehn Prozent.
  • Fach- und schwerpunktübergreifende Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten anderer Arztgruppen bzw. Schwerpunkte erhalten einen Zuschlag von fünf Prozent je Arztgruppe bzw. Schwerpunkt für maximal sechs Arztgruppen bzw. Schwerpunkte, für jede weitere Arztgruppe bzw. Schwerpunkt von 2,5 Prozent, insgesamt jedoch höchstens 40Prozent.

Praxisbesonderheiten in ­Gemeinschaftspraxen

Eine weitere Änderung betrifft die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten in Berufsausübungsgemeinschaften. Ärzte, deren RLV-Fallwert aufgrund von Praxisbesonderheiten den durchschnittlichen Fallwert ihrer Arztgruppe um mehr als 30 Prozent überschreitet, können für ihre Praxisbesonderheiten einen RLV-Zuschlag erhalten. Neu ist jetzt, dass bei der Festsetzung von Praxisbesonderheiten die Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes des einen Arztes mit Fallwertunterschreitungen bei anderen Ärzten derselben Praxis verrechnet werden kann.

Vergütung der Leistungen über dem RLV

Für die Vergütung der das RLV übersteigenden Leistungen mussten die KVen in den beiden ersten Quartalen 2009 einen Betrag in Höhe von drei Prozent des vorläufigen RLV-Vergütungsvolumens zurückstellen. Diese Rückstellung wird nun auf zwei Prozent abgesenkt. Rein rechnerisch ergibt sich daraus ein höheres RLV. Dadurch verringert sich zwangsläufig der Punktwert bzw. die Quote, mit der die das RLV übersteigenden Leistungen vergütet werden.

Abstaffelung des RLV-Fallwertes

Die Abstaffelung des RLV-Fallwertes bei Praxen mit überdurchschnittlichen Fallzahlen bleibt bestehen. Neu ist jedoch, dass aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von dieser Abstaffelung abgewichen werden kann. Über das Verfahren müssen sich die regionalen KVen noch mit den Krankenkassen verständigen.

Berücksichtigung auch von „Jungpraxen“

Nach den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses vom August/Oktober 2008 waren für neu zugelassene Ärzte Sonderregelungen vorgesehen. Der Bewertungsausschuss hat jetzt klargestellt, dass derartige Regelungen nicht nur für neu zugelassene Ärzte, sondern auch für Praxen in der Anfangsphase (sogenannte „Jungpraxen“) getroffen werden können. Gleichzeitig wurde die Bestimmung, dass für Neuzulassungen einschließlich „Jungpraxen“ und Umwandlung von Kooperationsformen automatisch arztgruppendurchschnittliche RLV gelten, gestrichen. Damit erhalten die KVen einen größeren Spielraum für Sonderregelungen.

Mengenbegrenzung der Leistungen außerhalb des RLV

Zur Stabilisierung des RLV-Fallwertes war ursprünglich eine Mengenbegrenzung für diejenigen Leistungen vorgesehen, die zwar Bestandteil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung sind, aber außerhalb des RLV vergütet werden. Für einige dieser Leistungen sollte ein Budget gebildet werden mit der Folge einer abgestaffelten Vergütung dieser Leistungen bei Überschreiten der Obergrenze. Auch damit sollte der RLV-Fallwert stabilisiert bzw. angehoben werden. Wegen der regional unterschiedlichen Auswirkungen wurde eine solche Mengenbegrenzung nicht verpflichtend umgesetzt.

Im Rahmen der im Februar 2009 beschlossenen „Konvergenzregelung“ hat der Bewertungsausschuss den KVen und Krankenkassen jedoch die Möglichkeit eröffnet, auf regionaler Ebene Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und Kostenerstattungen des Kapitels 32 (Labor), die außerhalb der RLV vergütet werden, einer Steuerung zu unterziehen. Damit sollen nachteilige Auswirkungen zulasten anderer Ärzte oder Arztgruppen zum Beispiel durch Mengenentwicklung verhindert werden. Bei Radiologen betrifft dies nur die MRT-Angiographien. Es bleibt aber abzuwarten, ob die KVen diese Möglichkeit nutzen werden.

Fazit

Abgesehen von den Änderungen bei der RLV-Fallzählung enthält der Beschluss keine wesentlichen Neuerungen in der RLV-Systematik. Die Umstellung bei der Fallzählung und die Absenkung der Rückstellung für die das RLV übersteigenden Leistungen dürften zu einem höheren RLV-Fallwert führen.