von RA Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Zwei voneinander unabhängige Chefärzte der Radiologie verklagten ihren Krankenhausträger auf Zahlung der Vergütung von Rufbereitschaftsdiensten. Die Landesarbeitsgerichte (LAG) Niedersachsen und Köln haben sich mit diesen Fällen beschäftigt und sind dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt (Urteile vom 16.2.2009, Az: 9 Sa 1834/06, und 9.6.2008, Az: 2 Sa 357/08).
Chefarztverträge enthalten regelmäßig eine Regelung dazu, in welchem Umfang der Chefarzt an (Ruf-)Bereitschaftsdiensten persönlich teilnehmen muss und ob bzw. wie diese Tätigkeit vergütet wird. Das aktuelle DKG-Muster für Chefarztverträge sieht zum Beispiel vor, dass im Falle einer Teilnahme an Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft die Leistung nicht gesondert vergütet wird. Vielmehr soll die gesamte Tätigkeit durch die Dienstbezüge nebst Liquidationserlösen bzw. Beteiligungsvergütungen abgegolten sein.
In den vom LAG Niedersachsen entschiedenen Fall begehrte ein Chefarzt der Radiologie unter anderem die Vergütung von Rufbereitschaftsdiensten in Höhe von etwa 50.000 Euro. Das LAG wies die Forderung zurück, da die Dienste durch die pauschale Einräumung des Liquidationsrechts mit vergütet seien. Es entspreche nicht dem Berufsbild des Chefarztes, dass dieser niemals – mit Ausnahme des zweiten Hintergrunddienstes – Rufbereitschaftsdienste erbringe. Allenfalls ein unangemessener und unüblicher Umfang von Rufbereitschaften könne eine gesonderte Vergütung rechtfertigen. Dies sei aber bei fünf Diensten pro Monat nicht der Fall.
Im Fall des LAG Köln klagte ein Chefarzt einer im Kollegialarztsystem geleiteten Abteilung für Radiologie und Nuklearmedizin. Aufgrund der Abteilungsstrukturen und der personellen Besetzung mussten auch die drei Chefärzte regelmäßig am Bereitschaftsdienst teilnehmen, um eine 24-Stunden-Bereitschaft sicherzustellen. Die Dienste sollten durch das eingeräumte Liquidationsrecht mit abgegolten sein. Dieses war jedoch so gering bemessen, dass nach Auffassung des LAG Köln damit keine übliche Chefarztvergütung erzielt werden konnte. Die Klage hatte Erfolg, da die Klausel unwirksam war.
Chefarztverträge unterliegen der strengen AGB-Kontrolle (AGB: Allgemeine Geschäftsbedingungen). Unter AGB sind die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten, einseitig vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen zu verstehen. Damit der Krankenhausträger die ihm dabei meist zukommende stärkere Position nicht einseitig zu seinen Gunsten ausnutzen kann, verbietet das Gesetz zum Schutz des „schwächeren“ Vertragspartners – hier des Chefarztes – die Verwendung bestimmter Klauseln.
Der Krankenhausträger darf sich in AGB beispielsweise nicht das Recht vorbehalten, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen – es sei denn, diese Vereinbarung ist für den Chefarzt als Vertragspartner zumutbar. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich ferner dadurch ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Die hier in Rede stehende Klausel der pauschalen Abgeltung von (Ruf-)Bereitschaftsdiensten dürfte in dieser Form dagegen verstoßen. Denn es ist für den Chefarzt nicht zu erkennen, in welchem Umfang er zu Diensten herangezogen werden wird.
Soweit die Klausel nach der vorzugswürdigen Auffassung des LAG Köln als unwirksam angesehen wird, gelten insoweit die gesetzlichen Bestimmungen. Demnach ist eine – gesonderte – Vergütung dann zu leisten, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Ob betroffenen Chefärzten eine gesonderte Vergütung für die von ihnen geleisteten (Ruf-)Bereitschaftsdienste zusteht, wird somit Frage des Einzelfalles sein. Eine gesonderte Vergütung wird jedenfalls dann notwendig sein, wenn die Liquidationseinnahmen sehr gering ausfallen und ein Oberarzt bei entsprechender Vergütung der Dienste mehr verdient als der Chefarzt.
Angehenden Chefärzten ist zu empfehlen, bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine eindeutige Regelung in Bezug auf die (Ruf-)Bereitschaftsdienste zu treffen. Beispielsweise könnte im Vertrag ein zulässiger Höchstumfang der Inanspruchnahme festgelegt werden.
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