Beitragsvorauszahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung als Steuersparmodell

von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, steuer-webinar.de

Privat kranken- und pflegeversicherte Radiologinnen und Radiologen können ein ebenso einfaches wie effektives Steuersparmodell nutzen: Sie leisten eine Beitragsvorauszahlung an den Versicherer und setzen dadurch nicht nur im Zahlungsjahr die Vorauszahlung von der Steuer ab, sondern generieren auch für die Jahre der Beitragsvorauszahlung höhere absetzbare Beträge. RWF macht Sie mit dem in § 10 Abs. 1 Nr. 3, 3a, Abs. 4 und Abs. 4b EStG verankerten Gestaltungsmodell vertraut, welches sich für alle privat versicherten Radiologen – egal ob niedergelassen oder angestellt – eignet.

Steuerlicher Abzug sonstiger Vorsorgeaufwendungen

Zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen gehören Beiträge zur

  • Kranken-,
  • Pflege-,
  • Unfall-,
  • Haftpflicht-,
  • Arbeitslosen-,
  • Berufsunfähigkeits-,
  • Risikolebens- und
  • private Rentenversicherungen, die vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden.

Die Beiträge lassen sich von der Einkommensteuer bis zu einem Höchstbetrag von jährlich 2.800 Euro absetzen. Nur 1.900 Euro sind abzugsfähig, wenn für den Radiologen teilweise ohne eigene Aufwendungen ein Anspruch auf Erstattung von Krankheitskosten besteht oder er steuerfreie Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung erhält. Bei niedergelassenen Radiologen beträgt der Höchstbetrag deshalb 2.800 Euro, bei angestellten Radiologen 1.900 Euro. Ist der Radiologe verheiratet, wird auch für seinen Ehegatten ein Höchstbetrag berücksichtigt.

Zu beachten ist, dass die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung, also der Gesamtbeitrag ohne Komfortleistungen wie

  • Krankenhaustagegeld,
  • Chefarztbehandlung und
  • Einbettzimmer,

unabhängig vom Höchstbetrag abzugsfähig sind (§ 10 Abs. 4 S. 4 EStG). Das führt in der Praxis dazu, dass alle weiteren Versicherungen regelmäßig ohne steuerliche Entlastung verbleiben.

Beispiel: Der alleinstehende niedergelassene Radiologe R zahlt für seine Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung jährlich 6.000 Euro. Beiträge zu weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen fallen mit 3.500 Euro an.

Lösung: Der Gesamtbeitrag von 9.500 Euro ist bis zum Höchstbetrag von 2.800 Euro absetzbar. Mindestens sind jedoch die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung von 6.000 Euro abzugsfähig. Die Beiträge für die weiteren Versicherungen verpuffen ohne Entlastung.

Mit Beitragsvorauszahlungen Steuern sparen

Dieser fehlenden Abzugsmöglichkeit von weiteren Versicherungen kann durch eine Beitragsvorauszahlung entgegengewirkt werden. Denn für Sonderausgaben gilt das Zu- und Abflussprinzip. Danach sind Aufwendungen grundsätzlich in dem Jahr steuerlich abzugsfähig, in welchem sie gezahlt wurden. Wird ein Versicherungsbeitrag vorausgezahlt, ist dieser also im Zahlungsjahr abzugsfähig.

Beispiel: Radiologe R aus dem vorherigen Beispiel zahlt am 15.12.2022 die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung für die Jahre 2023 bis 2025 im Voraus (Summe der Vorauszahlung: 3 x 6.000 Euro = 18.000 Euro).

Lösung: R setzt 2022 nicht 6.000 Euro als Sonderausgabe von der Steuer ab, sondern auch die Vorauszahlung von 18.000 Euro. In den Jahren 2023 bis 2025 lassen sich die weiteren Versicherungen in Höhe von jeweils 3.500 Euro – begrenzt auf den Höchstbetrag von 2.800 Euro – absetzen, da keine überlagernden Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung mehr vorhanden sind.

Für die Jahre 2022 bis 2025 setzt R effektiv nicht mehr 24.000 Euro (jährlich 6.000 Euro), sondern 32.400 Euro (für 2022: 24.000 Euro, für 2023 bis 2025: je 2.800 Euro) ab. Bei einem Steuersatz von 40 Prozent bedeutet dies eine Ersparnis von 3.360 Euro.

Hinweis für angestellte Radiologen

Bei privat kranken- und pflegeversicherten angestellten Radiologen funktioniert das Modell genauso. Diese erhalten jedoch weiterhin von ihrem Arbeitgeber steuerfreie Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung. Da die Zuschüsse nicht mehr mit geleisteten Beiträgen verrechnet werden können (der Zuschuss wird in einem späteren Jahr als die Vorauszahlung geleistet), sind die Zuschüsse mit den weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen zu verrechnen. Gleiches gilt auch für Beitragsrückerstattungen künftiger Jahre (§ 10 Abs. 4b EStG).

Abwandlung des Beispiels: Radiologe R ist Arbeitnehmer. Er erhält von seinem Arbeitgeber einen Zuschuss zur privaten KV/PV von jährlich 3.000 Euro (50 Prozent).

Lösung: R zahlt jährlich 6.500 Euro für seine Versicherungen (6.000 + 3.500 Euro abzüglich des Arbeitgeber-Zuschusses von 3.000 Euro). Ohne Beitragsvorauszahlung kann er davon 3.000 Euro absetzen (Beitrag KV/PV abzgl. AG-Zuschuss). Mit einer Beitragsvorauszahlung von 18.000 Euro (Jahresbeitrag 6.000 Euro x 3 Jahre ohne AG-Zuschuss), setzt er im Zahlungsjahr 21.000 Euro ab (Jahresbeitrag i. H. v. 6.000 + Vorauszahlung von 18.000 Euro abzüglich Arbeitgeber-Zuschuss von 3.000 Euro). In den nächsten 3 Jahren setzt er jeweils 500 Euro ab (weitere Versicherungen i. H. v. 3.500 Euro abzüglich Arbeitgeber-Zuschuss von 3.000 Euro).

In vier Jahren werden 22.500 Euro abgesetzt. Ein Vorteil i. H. v. 10.500 Euro bzw. bei einem Steuersatz von 40% eine Ersparnis von 4.200 Euro.

Beitragsvorauszahlung zur Progressionsoptimierung nutzen

Neben dem Vorteil des zusätzlichen Sonderausgabenabzugs in den Folgejahren kann eine Vorauszahlung auch dazu dienen, Progressionssteigerungen in der Einkommensteuer auszugleichen. Wird in einem Jahr ein verhältnismäßig hohes Einkommen erzielt (z. B. aufgrund eines privaten Veräußerungsgeschäfts, der Betriebsaufgabe oder -veräußerung oder einer Abfindung) und in den Folgejahren ein geringeres (z. B. aufgrund des Eintritts in den Ruhestand), wirken sich die geleisteten Beiträge aufgrund des progressiven Einkommensteuersatzes erheblich besser aus.

Höchstbetrag der Beitragsvorauszahlung beachten

Radiologen können das Steuersparmodell nicht unbegrenzt nutzen. Denn Beitragsvorauszahlungen an die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sind nur insoweit im Zahlungsjahr abzugsfähig, wie sie nicht das Dreifache der auf das Zahlungsjahr entfallenden Beiträge überschreiten.

Beispiel: Radiologe R zahlt nicht das Dreifache seines Jahresbeitrags zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung i. H. v. 6.000 Euro (also 18.000 Euro) voraus, sondern das Vierfache (Vorauszahlung i. H. v. 24.000 Euro).

Lösung: Nur 18.000 Euro sind im Zahlungsjahr zusätzlich abzugsfähig. Die übersteigenden 6.000 Euro kann R erst im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit geltend machen. Bei einer Vorauszahlung für 2023 bis 2026 also im Jahr 2026.

Praxistipp

Radiologinnen und Radiologen können nicht nur ihre eigenen Beiträge vorauszahlen. Sind auch der Ehegatte oder die Kinder privat versichert, lassen sich auch für diese Personen die Beiträge im Voraus zahlen und das Steuersparmodell nutzen.

Zu beachten ist aber, dass die Beitragsvorauszahlung immer vor dem 22.12. eines Jahres geleistet werden sollte. Bei Zahlungen ab dem 22.12. wird das Finanzamt aufgrund einer Sonderregelung die Vorauszahlung zwar grundsätzlich wie dargestellt anerkennen. Den für Januar des Folgejahres vorausgezahlten Beitrag wird es aber dennoch erst im Folgejahr und nicht im Zahlungsjahr berücksichtigen.