Beendigung einer Gemeinschaftspraxis auch innerhalb eines Quartals möglich

von Rechtsanwältin Nicole Thum, Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner, Gießen, www.hfbp.de

Mit Beschluss vom 3. Mai 2011 (Az: S 12 KA 305/11 ER) hat das Sozialgericht (SG) Marburg im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass die Feststellung der Beendigung einer Gemeinschaftspraxis bzw. Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) durch die Zulassungsgremien nicht nur zum Ende eines Quartals zulässig ist, sondern jederzeit auch in der Mitte eines Quartals erfolgen kann. Dies bestätigte im Nachgang auch das Hessische Landessozialgericht (LSG) durch Beschluss vom 27. Mai 2011 (Az: L 4 KA 38/11 B ER). 

Der Fall

Ende des Jahres 2010 kam es zu Streitigkeiten zwischen zwei Ärzten einer BAG. Daraufhin kündigte einer der Ärzte Anfang 2011 das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grund. Mit Schreiben vom 14. März 2011 beantragte er gegenüber dem Zulassungsausschuss, die Beendigung der BAG zum 31. März 2011 auszusprechen. Dieser terminierte die Angelegenheit jedoch erst am 19. April 2011 und stellte das Ende der BAG zum 30. Juni 2011 fest. 

Hiergegen legte der Arzt noch am 19. April 2011 Widerspruch ein. Zusätzlich begehrte er beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung, um den Zulassungsausschuss zu verpflichten, das Ende der BAG zum 31. März 2011 festzustellen. 

Die Entscheidungen

Der Arzt hatte zunächst insoweit Erfolg, als der Zulassungsausschuss vom SG verpflichtet wurde, das Ende der BAG auf den der Entscheidung des SG folgenden Tag – den 4. Mai 2011 – festzustellen. Gegen diesen Beschluss des SG legte die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Beschwerde ein, die jedoch im Wesentlichen erfolglos blieb. Das Hessische LSG bestätigte den Beschluss des SG, wonach der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 19. April 2011 insoweit rechtswidrig ist, als das Ende der BAG erst auf den 30. Juni 2011 datiert wurde. 

Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit setze auch den entsprechenden Willen der Beteiligten voraus, die ärztliche Tätigkeit gemeinsam auszuführen. Erkläre auch nur eines der Mitglieder der BAG gegenüber den Zulassungsgremien, es wolle die BAG nicht fortführen, sei dies für die Feststellung der Beendigung der BAG ausreichend. 

Zwar sei es den Zulassungsgremien verwehrt, statusbegründende oder statusähnliche Verwaltungsakte rückwirkend auszusprechen. Es stehe aber auch nicht in deren Belieben, wann sie einen entsprechenden Antrag bescheiden. Ein solcher Antrag sei vor dem Hintergrund des Rechts auf freie Berufsausübung nach Artikel 12 Grundgesetz zeitnah umzusetzen. 

Auch sei für die Beendigung einer BAG nur zum Quartalsende keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Der Gesetzgeber habe weder im SGB V noch in der Zulassungsverordnung für Ärzte Fristen für das Ende einer BAG vorgesehen. Eine gegebenenfalls schwierigere honorartechnische Erfassung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund der Änderung in der Zusammensetzung einer BAG während eines Quartals sei unbeachtlich. 

Fazit

Mit den Entscheidungen wird klar zum Ausdruck gebracht, dass entgegen der Auffassung einiger Zulassungsgremien kein „Quartals­prinzip“ für die Beendigung einer BAG existiert. Die Entscheidungen sind in jeder Hinsicht zu begrüßen: 

  • Zum einen werden Mitglieder von BAG nicht länger gezwungen werden, diese ohne deren Willen fortzuführen.
  • Zum anderen wird erfreulicherweise der Spruchpraxis vieler Zulassungsausschüsse begegnet, wonach ohne jegliche ersichtliche Rechtsgrundlage Beendigungen von BAG erst zum Quartalsende fest­gestellt werden.