Assistenzärzte: Strukturierte Einarbeitung ­erhält die Motivation

von Dipl. Päd. Werner Fleischer, Beratung – Coaching – Moderation, www.ihrcoach.com

Viele junge Mediziner sind nicht mehr so wie früher für eine Karriere als Krankenhausarzt zu begeistern: unkomfortable Arbeitszeiten, wenig attraktive Bezahlung und fehlende Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind nur einige Gründe für diese Entwicklung. Umso wichtiger ist es für jede Klinik, ihre Assistenzärzte zu entwickeln und dauerhaft zu binden. 

Typische Mängel in der Einarbeitung

Der erste Schritt in diese Richtung ist die strukturierte Einarbeitung. Doch genau daran mangelt es in so mancher Klinik. Kritikpunkte neuer Assistenzärzte sind insbesondere, 

  • dass die Einarbeitung in fachlicher und organisatorischer Hinsicht nur „nebenbei“ und nicht systematisch stattfindet,
  • dass Oberärzte und Chefärzte zu wenig Zeit haben und entsprechend schwer ansprechbar sind bzw. kein offenes Ohr für Fragen und Probleme haben,
  • dass der Informationsfluss nicht gut funktioniert.

In Kliniken, in denen sich solche und ähnliche Probleme häufen, ist die Gefahr groß, dass der Idealismus, mit dem die meisten jungen Assistenten in der Klinik starten, nicht allzu lange anhält. 

Grundsätze einer erfolgreichen Einarbeitung

Die erfolgreiche Einarbeitung und die Gewährleistung eines funktionierenden Informationsflusses gehören zu den Aufgaben des Chefarztes der Radiologie. Das bedeutet nicht, dass er sie ausschließlich selbst erledigen und sich ständig um seine neuen Mit­arbeiter kümmern muss. Aber er sollte in seiner Klinik die notwendigen Strukturen für die planvolle Einarbeitung und Information sorgen 

Die Einarbeitungsphase, die nach etwa drei Monaten zu 70 bis 80 Prozent abgeschlossen ist, hat zum Ziel, dass der neue Assistent 

  • mit den Abläufen und Standards der Klinik vertraut ist,
  • sein Aufgabenspektrum und ­seine Zuständigkeiten kennt,
  • eine ausführliche gerätetechnische Einweisung erhalten hat,
  • Kenntnisse über die speziellen Sicherheitsrichtlinien der Radiologie hat,
  • sich in die Klinik integriert und an sie gebunden fühlt.

Darüber hinaus hat die Einarbeitung wesentlichen Einfluss auf das Image der Klinik und des Chefarztes. Denn motivierte und gut integrierte Mitarbeiter tragen ebenso zur positiven Außenwirkung bei wie zu einer geringen Fluktuation. 

Eine erfolgreiche Einarbeitungsphase umfasst insbesondere die in der Checkliste aufgeführten Schritte, die sich im Klinikalltag sehr leicht umsetzen lassen – vorausgesetzt, die Klinikführung hat die erforderlichen Strukturen geschaffen. 

Generell finden während der Ein­arbeitungsphase regelmäßig Gespräche statt. Sie dienen dazu, über Fragen und Probleme zu informieren und dem Chefarzt alle Optionen, auch bis hin zur Kündigung vor Ablauf der Probezeit, offen zu halten. Gleichzeitig erfährt der junge Assistenzarzt, wo er steht und wie seine Leistungen bewertet werden. Ein solch enger Kontakt beugt Unsicherheiten auf beiden Seiten vor. Der Assistent fühlt sich in der Klinik gut aufgehoben und betreut. Er ist fachlich und sozial schnell integriert. 

Nach Abschluss der Probezeit sollten regelmäßige Mitarbeitergespräche stattfinden, in denen unter anderem konkrete Meilensteine für die Facharztausbildung festgelegt und überprüft werden. Zwischendurch sorgt Feedback immer wieder für Transparenz und eine Einschätzung der Leistung. 

Fazit

Diese Maßnahmen haben wesentlichen Einfluss auf die Motivation von Assistenzärzten. Zudem gewinnt der Arbeitsplatz in der Klinik deutlich an Attraktivität – ein entscheidender Aspekt im Wettlauf um den immer knapper werdenden ärztlichen Nachwuchs. 

Checkliste: Einarbeitung von Assistenzärzten

  • Vor dem ersten Arbeitstag werden alle organisatorischen und kaufmännischen Details (Arbeitsvertrag, Zugangscodes, Arbeitsplatz usw.) geregelt. Alle Teammitglieder sind über die Ankunft des neuen Assistenten informiert.
  • Für die ersten sechs Wochen wird ein genauer Einarbeitungsplan fest­gelegt.
  • In einem ausführlichen Einführungsgespräch stimmen Klinikleitung,Chefarzt und Assistenzarzt ihre Erwartungen, Wünsche und Ziele miteinander ab. So kann Missverständnissen und Enttäuschungen bereits im Vorfeld vor­gebeugt werden.
  • In einem Orga-Handbuch werden alle wichtigen organisatorischen Regelungen zusammengefasst. Seine Bedeutung und Handhabung wird im Einführungs­gespräch erläutert. Es liegt als Print- oder Digitalversion vor.
  • Ein QM-Handbuch beschreibt zusätzlich die Standard Operating Procedures (SOPs) und medizinischen Abläufe in der radiologischen Abteilung. Dies wird ebenfalls im Einführungsgespräch erörtert.
  • Dem Assistenten wird ein Oberarzt oder ein engagierter Alt-Assistent als Mentor zur Seite gestellt. Er ist sein Ansprechpartner für fachliche, organisatorische und soziale Fragen, beim Einführungsgespräch ist er ebenfalls dabei. Er begleitet den neuen Assistenten während seiner gesamten Facharztausbildung und entlastet auf diese Weise den Chefarzt. Wichtig ist, dass der Mentor die Kompetenz für diese Aufgabe mitbringt. Er sollte nicht nur fachlich ausreichend geeignet sein, sondern auch pädagogisches und kommunikatives Geschick haben. Hinzu kommt, dass der Mentor dem Chefarzt ebenso wie der Klinik loyal gegenüber ein­gestellt sein muss.