von Dipl.-Volkswirtin Katja Nies, Köln, praxisbewertung-praxisberatung.com
Mittlerweile gibt es sowohl im rein ambulanten Bereich als auch im Bereich ambulant-stationär neben dem klassischen Verkauf/Kauf einer Einzelpraxis eine Vielzahl an unterschiedlichen Nachfolgemodellen, Kooperationsformen sowie Anstellungsmöglichkeiten. Hier ein aktueller Überblick, worauf Sie bei den einzelnen Gestaltungen unter rechtlichen Gesichtspunkten achten sollten.
Die Planung, eine Einzelpraxis zu kaufen bzw. zu verkaufen, sollte einen zeitlichen Vorlauf von drei bis fünf Jahren haben.
Die Praxis sollte eine durchschnittliche Fallzahl, bezogen auf die jeweilige Arztgruppe, vorweisen (Stichwort: Versorgungsrelevanz).
Mögliche Kooperationsstrukturen sollten geprüft werden. Der Nachfolger sollte u. U. als Job-Sharer mit in die Praxis eingebunden werden, um nach drei Jahren den sogenannten Privilegierungstatbestand nach § 103 Abs. 3a Sozialgesetzbuch (SGB) V zu verwirklichen.
Entscheidet sich ein Arzt für eine Kooperationsmöglichkeit, so stehen ihm im rein ambulanten Bereich z. B. folgende Möglichkeiten offen:
Im Bereich der ambulant-stationären Kooperationen gibt es z. B. folgende Alternativen:
Neben den Kooperationen zwischen Vertragsärzten nehmen viele Ärzte, insbesondere aber Ärztinnen, die Gelegenheit wahr, in einem Angestelltenverhältnis (oft mit reduzierter Stundenzahl) zu arbeiten.
Anstellung von Ärzten |
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Vertraglich vereinbarte Arbeitszeit |
Anrechnungsfaktor |
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bis 10 Wochenstunden |
0,25 |
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von 10 bis 20 Wochenstunden |
0,50 |
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von 20 bis 30 Wochenstunden |
0,75 |
||
über 30 Wochenstunden |
1,00 |
Um die verschiedenen Möglichkeiten der Anstellung in einem MVZ besser beurteilen zu können, ist es hilfreich zu wissen, welche Arbeitszeiten sich hinter den verschiedenen Faktoren für angestellte Ärzte verbergen. § 51 der Bedarfsplanungsrichtlinie des G-BA definiert dies bei der Anstellung von Ärzten mittels Anrechnungsfaktoren (siehe Tabelle).
HINWEIS | Werden Arbeitsstunden pro Monat vereinbart, so beträgt der Umrechnungsfaktor 0,23 zur Berechnung der Wochenarbeitszeit.
Für die Gründung eines Mini-MVZ reichen laut Bundessozialgericht (BSG) zwei Ärzte mit je einem halben Versorgungsauftrag bzw. dem Faktor 0,5 (Urteil vom 19.10.2011, Az. B 6 KA 23/11 R).
Der ärztliche Leiter des MVZ muss Mitglied der jeweiligen KV sein, d. h., er muss mindestens 20 Wochenstunden arbeiten. Die KV Westfalen-Lippe verlangt darüber hinaus, dass bei einem Mini-MVZ beide Ärzte mindestens die 20 Wochenstunden arbeiten müssen.
Möchte ein Arzt mit einem vollen Versorgungsauftrag (Faktor 1,0) reduzieren und deshalb einen Arzt mit dem Faktor 0,5 anstellen, so gilt:
Wenn dies genehmigt wird, hat der Arzt insgesamt immer noch einen vollen Versorgungsauftrag. Allerdings übt er nur 0,5 persönlich aus, die anderen 0,5 werden durch den angestellten Arzt übernommen.
VORSICHT | Bei der Ausschreibung des hälftigen Versorgungsauftrags könnte es zu einem „Auswahlverfahren“ kommen.
Aktuelle BSG-Urteile schränken die reiche Vielfalt an mittlerweile möglichen Kooperationsformen auf gewisse Weise wieder ein.
Verzichtet ein Arzt zugunsten eines MVZ auf seine Zulassung und lässt sich dort als Arzt anstellen, so gilt (nach BSG, Urteil vom 04.05.2016, Az. B 6 KA 21/15 R): Die Arztstelle im MVZ kann nur nachbesetzt werden, wenn der Arzt tatsächlich dort angestellt tätig geworden ist und zwar mit dem beabsichtigten Willen, dies mindestens für einen Zeitraum von drei Jahren zu tun. Eine schrittweise Reduktion des Tätigkeitsumfangs um eine Viertelstelle pro Jahr ist dabei unschädlich.
Damit ist die in der Vergangenheit beliebte Variante „Verkauf der Einzelpraxis an das MVZ, Weiterarbeiten für ein halbes Jahr im MVZ, danach Ausscheiden und die Arztstelle bleibt im MVZ zur Nachbesetzung“ erheblich erschwert worden. Zudem werden Fragen aufgeworfen, die bei der Vertragsgestaltung bedacht werden sollten:
Auch vakante Viertel-Arztstellen müssen binnen sechs bzw. zwölf Monaten nachbesetzt werden (BSG, Urteil vom 04.05.2016, Az. B 6 KA 28/15 R). Hiermit will man einer möglichen Kumulation von Viertel-Arztstellen bei größeren MVZ und deren Missbrauch vorbeugen. Die Beweislast für das ernsthafte Bemühen um Nachbesetzung innerhalb der Fristen liegt beim MVZ.
Die Anstellungsgenehmigung für den Arzt wird nicht mehr dem einzelnen Vertragsarzt der BAG, sondern der BAG erteilt (BSG, Urteil vom 04.05.2016, Az. B 6 KA 24/15 R). Die BAG tritt gegenüber Patienten und der KV als gesellschaftsrechtliche Einheit auf. Der anzustellende Arzt wird unter der Betriebsstättennummer der BAG tätig. Der Gesellschaftsvertrag sollte deshalb überprüft bzw. neu geregelt werden:
Im Mittelpunkt des Antikorruptionsgesetzes steht verkürzt ausgedrückt die Frage der angemessenen Vergütung für heilberufliche Leistungen im Rahmen von ärztlichen Kooperationen. Hierbei ist zu beachten, dass dies nicht nur für zukünftige Kooperationen gilt, sondern auch für bereits bestehende Verträge und Kooperationen. Dringenden Handlungsbedarf gibt es in den folgenden Fällen:
Die Grundsatzfrage lautet: „Wer bekommt was wofür?“ Bewegt sich die Vergütung im Rahmen der Spielräume, die es überall gibt, oder ist von einem Missbrauch auszugehen?
Der Grat zwischen aktiver, aber legaler Ausnutzung der bestehenden Spielräume und illegalem Missbrauch wird immer schmaler. Es gibt Leitlinien, die bei der Frage nach einer „angemessenen Vergütung“ hilfreich sein können:
Merke! |
Trotz des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes von Mitte 2015 haben die KVen in stark überversorgten Planungsbezirken (> 140 Prozent), in denen die Zulassung eingezogen werden „soll“, nur 70 Praxen geschlossen und 3.300 Anträgen auf Nachbesetzung stattgegeben. In Gebieten mit einem Versorgungsgrad zwischen 110 und 140 Prozent, in denen die Zulassung eingezogen werden „kann“, wurden 5.500 Anträge auf Nachbesetzung erlaubt. Angaben zu den gezahlten Entschädigungen vonseiten der KVen liegen bedauerlicherweise nicht vor. |
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