MVZ-Abrechnung: Kein Honorar ohne Unterschrift der ärztlichen Leitung

Eine Honorarsammelerklärung ist zwingend von der ärztlichen Leitung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zu unterschreiben, wenn es der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) so vorschreibt. Die Unterschrift der ärztlichen Leitung kann in solchen Fällen auch nicht von der Geschäftsführung der MVZ-Trägerin ersetzt werden. Unterschreibt die ärztliche Leitung nicht, verliert das MVZ das komplette Quartalshonorar! Dies bestätigte das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 13.12.2023 (Az. B 6 KA 15/22 R). von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Taisija Taksijan LL.M., Hamburg, legal-point.de 

Hintergrund

Für die Zulassung und den Betrieb eines MVZ ist die ärztliche Leitung schon immer unabdingbar gewesen. Ohne sie droht Zulassungsentzug. Beides ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz (§ 95 Abs. 1 SGB V). Das Gesetz regelt jedoch nicht, welche konkreten Aufgaben die ärztliche Leitung zu erfüllen hat. Diese Frage stellt sich besonders dann, wenn die ärztliche und die kaufmännische Leitung nicht identisch sind. Dies ist regelmäßig in größeren Strukturen, in sog. Angestellten-MVZ, also einem MVZ in Form einer GmbH mit nur angestellten Ärzten, wie es beispielsweise auch in Radiologie-MVZ vorkommen kann. Die aktuelle Entscheidung des BSG betrifft zwar grundsätzlich jedes MVZ, insbesondere eben größere, als GmbH formierte MVZ-Einheiten. In diesen ist es bereits aufgrund der großen Struktur sachgerecht, dass die ärztliche und die kaufmännische Leitung voneinander getrennt sind. Die kaufmännische Leitung vertritt die GmbH regelmäßig nach außen nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen (§ 35 GmbH-Gesetz).

Exkurs

Die ärztliche Leitung muss im MVZ selbst tätig und in medizinischen Fragen weisungsfrei sein. Ein Wechsel der ärztlichen Leitung ist der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) anzuzeigen. Für einen neuen Arzt ist die Genehmigung der Beschäftigung durch den Zulassungsausschuss einzuholen. In jedem Fall ist ein Arbeitsvertrag des MVZ mit der ärztlichen Leitung vorzulegen, aus dem sich die Arbeitsstunden und die Weisungsfreiheit in medizinischen Fragen ergibt. Viele KVen fordern eine Tätigkeit von mindestens 20 Wochenstunden (ohne eine gesetzliche Grundlage hierfür).

 

Der aktuelle Fall

Die klagende MVZ GmbH wendete sich gegen die Honorarkürzung durch die KV für zwei Quartale aus dem Jahr 2013. Die beklagte KV kürzte das gesamte Quartalshonorar des MVZ mit der Begründung, dass die Unterschrift der ärztlichen Leitung in der Sammelerklärung fehle und die Abrechnungen deswegen formal fehlerhaft gewesen seien – es ging um rund 154.000 Euro.

Die als ärztliche Leiterin benannte angestellte Ärztin bestritt, die ärztliche Leitung übernommen zu haben. Sie hat die Sammelerklärungen auch später – im Rahmen der im HVM vorgesehenen Jahresfrist – nicht unterschrieben. Auch wurde von der im HVM vorgesehenen Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht, bei zeitweiser Verhinderung der ärztlichen Leitung einen Vertreter zu bestellen.

Gegen die Kürzung des Honorars hatte die klagende MVZ GmbH zunächst erfolglos Widerspruch gegen die KV, Klage beim Sozialgericht und Berufung beim Landessozialgericht (LSG) erhoben. Das LSG führte aus, dass die Honorare wegen der fehlenden Unterschrift der ärztlichen Leitung auf der Sammelerklärung zu kürzen seien. Es spreche nichts dagegen, die Unterschrift als Voraussetzung für die Auszahlung des Honorars zu fordern. Die ärztliche Leitung trage die Gesamtverantwortung gegenüber der KV. Hierzu gehöre die volle Verantwortung für die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung. Es liege daher nahe, der ärztlichen Leitung – unabhängig von der Trägerschaft des MVZ – die Verantwortung für die Sammelerklärung zu übertragen.

Die Entscheidungsgründe des BSG

Das BSG bestätigte das Urteil des LSG. Weil die ärztliche Leitung die Betriebsabläufe steuere und die Gesamtverantwortung gegenüber der KV trage, könne der HVM deren unter der Sammelerklärung verlangen. Zwar sei das MVZ als Träger der Zulassung für die Abgabe einer ordnungsgemäßen Sammelerklärung verantwortlich. Da es als Einrichtung aber nicht selbst handeln könne, ersetze die Unterzeichnung durch die ärztliche Leitung die in einer Einzelpraxis von dem Vertragsarzt zu leistende Unterschrift.

Die ärztliche Leitung verfüge – anders als die nicht ärztliche Geschäftsführung – über die erforderliche medizinische Fachkompetenz, um beurteilen zu können, ob die von den einzelnen Ärzten angegebenen Behandlungsvorgänge Grundlage für eine korrekte Quartalsabrechnung sind. Auch sei durch die eigene ärztliche Tätigkeit der ärztlichen Leitung im MVZ gewährleistet, dass sie hinreichend in dessen Strukturen und Arbeitsabläufe eingebunden sei und das Verhalten der Mitarbeiter aus eigener Anschauung beurteilen könne. Dieses Ergebnis sei auch angemessen. Bei zeitweiser Verhinderung der ärztlichen Leitung könne ein Vertreter bestellt oder die Sammelerklärung könne innerhalb der im HVM bestimmten Jahresfrist nachgereicht werden.

Und was heißt das jetzt für MVZ?

Es bleibt abzuwarten, ob die genauen Urteilsgründe (zum Redaktionsschlus lag nur die Verfahrensmitteilung des BSG vor) weiteren Aufschluss über die Auswirkung der Bestimmungen in den HVM bringen und ob diese von den KVen nun angepasst werden.In der Zwischenzeit können MVZ Folgendes tun:

  • Werfen Sie jetzt einen Blick in die Vorgaben Ihres HVM und verzichten Sie jedenfalls dann nicht auf die Unterschrift der ärztlichen Leitung, wenn dies im HVM – wie etwa in Nordrhein – vorgesehen ist.
  • Regeln Sie die Vertretung der ärztlichen Leitung (falls noch nicht geschehen) und halten Sie diese schriftlich fest. Auch in diesem Punkt unterscheiden sich die regionalen Anforderungen der KV sehr.