von Rechtsanwältin Franziska Dickmann, LL.M., D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, db-law.de
Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung prüft die Kassenärztliche Vereinigung (KV) u. a., ob für das Jobsharing festgelegte Leistungsobergrenzen (im Folgenden: LOG) eingehalten wurden. Bei Überschreitungen der LOG nimmt die KV eine Berichtigung des Honorars vor. Da die Entwicklung der LOG an den Fachgruppendurchschnitt gekoppelt ist, kann ein sinkender Fachgruppendurchschnitt zu sinkenden LOGen und letztendlich zu Honorarkürzungen führen. Diese Honorarkürzungen sind auch dann rechtmäßig, wenn der Praxis weder die konkrete LOG noch die für die LOG maßgeblichen Fachgruppendurchschnitte bekannt waren. Der Beitrag macht auf diese Falle aufmerksam, die sich auch für radiologische Praxen stellen kann (Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Hamburg vom 25.01.2023, Az. L 5 KA 2/21).
Die LOG für das erste Leistungsjahr des Jobsharings werden vom Zulassungsausschuss auf der Grundlage der Vorjahresquartale festgesetzt. Der Zulassungsausschuss ist auch für Anträge auf Neufestsetzung der LOG zuständig.
Ab dem zweiten Leistungsjahr passt die KV die LOG dann mithilfe des sog. Anpassungsfaktors automatisch an. Der Anpassungsfaktor wird entsprechend der gesetzlichen Vorgaben in der Bedarfsplanungsrichtlinie von der KV berechnet und beruht u. a. auf dem Fachgruppendurchschnitt.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in Hamburg, die im Jahr 2010 die Genehmigung zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit im Jobsharing erhielt. Die beklagte KV nahm in den Jahren 2017 und 2018 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für den Zeitraum von 2012 bis 2015 wegen der Überschreitung der LOG in Höhe von ca. 30.000 Euro vor. Die Honorarkürzung beruhte teilweise auf einer Neufestsetzung der LOG durch den Zulassungsausschuss und teilweise auf einer Anpassung der LOG durch die KV aufgrund eines gesunkenen Fachgruppendurchschnitts. Die BAG wandte sich gegen die Honorarkürzung. Zur Begründung führte sie insbesondere an, dass ihr die von der KV angepassten LOG nicht bekannt waren. Denn die KV hatte weder die LOG-relevanten Fachgruppendurchschnitte veröffentlicht noch hatte sie die BAG über den Anpassungsfaktor informiert. Erst mit dem Rückforderungsbescheid erfuhr die BAG von der neuen – abgesenkten – Obergrenze. Das Sozialgericht Hamburg gab der BAG zunächst recht und hob den Honorarrückforderungsbescheid auf. Gegen dieses Urteil legte die KV beim LSG Berufung ein – im Ergebnis mit Erfolg.
Das LSG Hamburg stellte klar, dass die Honorarkürzung durch die KV rechtmäßig war.
Die Honorarbescheide waren von der KV richtigzustellen, weil die Praxis die LOG überschritten hatte. Dabei ist zwischen den vom Zulassungsausschuss festgesetzten LOG und den von der KV angepassten LOG zu unterscheiden:
Außerdem entschied das Gericht, dass die klagende BAG an die LOG gebunden war, obwohl ihr der Anpassungsfaktor und die LOG erst mit dem Richtigstellungsbescheid mitgeteilt worden waren. Ohne Mitteilung des Anpassungsfaktors habe die BAG sich zwar keine konkrete Vorstellung über die Höhe der LOG machen können. Sie habe jedoch davon ausgehen müssen, dass auch eine Absenkung „im Bereich des Möglichen“ war. Auf gleichbleibende oder steigende LOG habe sie nicht vertrauen dürfen.
Fazit |
Es empfiehlt sich, die Entwicklung der Fachgruppendurchschnitte aufmerksam zu beobachten, um ggf. auf eine Absenkung der LOG vorbereitet zu sein. Möglich ist dies aber nur, wenn die für die LOG relevanten Fachgruppendurchschnitte von der KV auch veröffentlicht werden, z. B. auf der Website der KV oder im Mitgliederportal die KV. Möglicherweise kann auch nur dann Kenntnis erlangt werden, wenn die KV z. B. aufgrund regelmäßiger Nachfragen diese Fachgruppendurchschnitte individuell bekannt gibt. Es bleibt abzuwarten, ob die klagende BAG gegen das Urteil des LSG Hamburg im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde vorgeht und versucht, das Urteil im Revisionsverfahren zu korrigieren. Zu begrüßen wäre dies, denn es wirkt wenig überzeugend, sich an eine Grenze halten zu müssen, die man zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht exakt kennt und auch nicht kennen kann! |
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