Jameda muss eine abträgliche Bewertung löschen

von RA Dr. Carsten Brennecke, Höcker Rechtsanwälte, Köln, www.hoecker.eu

Notenbewertungen und Bewertungstexte für Ärzte im Internet müssen entfernt werden, wenn sie auf Falschbehauptungen beruhen. Der Arzt muss dabei die Missbrauchsfälle beweisen, in denen tatsächlich gar kein Kontakt zu dem Eintragsverfasser bestanden hat (Landgericht [LG] München I, Urteil vom 03.03.2017, Az. 25 O 1870/15 ).

Der Fall

Das LG hat Jameda dazu verurteilt, die Bewertung eines Zahnarztes mit der Überschrift „Nicht zu empfehlen“ und den Noten 5 in den Kategorien „Behandlung“ und „Vertrauensverhältnis“ nicht mehr zu veröffentlichen. Die Bewertung war zusammen mit einem Text veröffentlicht worden, in dem behauptet wurde, dass der Zahnarzt dem Bewertenden eine zu hohe und zu runde Krone angefertigt habe. Die betroffene Zahnarztpraxis konnte einen solchen Fall aber nicht nachvollziehen. Sie forderte Jameda zur Löschung der Bewertung auf.

Jameda lehnte dies ab, weil der Bewertende seine Schilderungen auf Nachfrage per E-Mail bestätigt hatte. Zum „Beweis“ wurde dem Kläger diese E-Mail vorgelegt. Dabei war die Identität des angeblichen Patienten geschwärzt, sodass der Arzt den Fall nicht zuordnen und die Angaben in der Bewertung nicht wiederlegen konnte. Jameda begründete die Schwärzung der Daten mit dem Datenschutz des Bewertenden.

Die Entscheidungsgründe

Nach dem LG reicht die bloße Bestätigung des Bewertenden nicht aus, um abträgliche Schilderungen als wahr zu unterstellen. Die Beweislast für die Richtigkeit der Bewertung liege bei Jameda. Die Vorlage einer geschwärzten E-Mail des Verfassers reiche nicht aus, um den Beweis der Richtigkeit zu erbringen. Wenn Jameda die Richtigkeit der Angaben in der Bewertung nicht beweisen könne, müsse Jameda nicht nur den Bewertungstext, sondern auch alle hiermit zusammenhängenden bewertenden Formulierungen („Nicht zu empfehlen“) und Noten löschen.

Folgen für die Praxis

Das Grundsatzurteil ist aus Sicht der von negativen Bewertungen betroffenen Ärzten bahnbrechend. Sie sollten deshalb gegen die Verletzung ihrer Rechte durch unwahre Tatsachenbehauptungen und Beleidigungen in Arztbewertungsportalen vorgehen. Denn bisher haben Jameda, Sanego und Co. die Löschung beanstandeter negativer Bewertungen verweigert, wenn diese durch den Verfasser bestätigt worden sind. Jameda nahm den falschen Standpunkt ein, bei einer solchen Bestätigung müsse der Arzt beweisen, dass die Angaben falsch sind.

Nun hat das LG München entschieden, dass Jameda im Streitfall die Richtigkeit abträglicher Angaben in einer Bewertung zu beweisen hat. Sonst muss Jameda die Bewertung löschen. Dazu der Autor: „Jameda verweigerte bisher häufig die Löschung abträglicher Ärztebewertungen, wenn ein anonymer Verfasser die Richtigkeit der Angaben gegenüber Jameda bestätigt. Damit ist es nun vorbei. Jameda muss eine negative Bewertung auch dann löschen, wenn diese per E-Mail bestätigt wird.“

Aus der Sicht betroffener Ärzte fällt allerdings unbefriedigend aus, dass die Kategorien „Aufklärung“ und „Genommene Zeit“ vom LG nicht in Zusammenhang mit dem von Jameda gelöschten Bewertungstext gebracht worden sind. Sie seien unabhängig von den Behandlungseindrücken eines Patienten zu betrachten. Hier sei das Interesse der Allgemeinheit an – durch Arztbewertungen im Internet vermittelten – kritischen und unabhängigen Informationen sehr hoch zu bewerten; diese müssten nicht gelöscht werden.

Möglicherweise werden sich Ärzte künftig aber besser zur Wehr setzen können: Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet im Januar 2018 über die Klage einer Ärztin, die darauf gerichtet ist, deren Eintrag und damit die Bewertungsmöglichkeit bei Jameda gänzlich zu löschen. Denn eine Verwendung ihrer personenbezogenen Daten sei auf einem Bewertungsportal nicht zulässig, das vordergründig eine Gewinnerzielungsabsicht hat. Sollte der BGH der Klage stattgeben, können Ärzte künftig selbst entscheiden, ob sie auf der Plattform bewertet werden möchten oder nicht.