von Dr. Guido Mareck, Stellvertretender Direktor des Arbeitsgerichts Dortmund
Vor Gericht hatten es Arbeitnehmer wegen hoher Nachweispflichten schon immer schwer, mit Überstundenklagen erfolgreich zu sein. An diesen Grundsätzen der Beweislastverteilung hält auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) zulasten der Arbeitnehmer fest (Urteil vom 25.03.2015, Az. 5 AZR 602/13 ). Dazu die folgenden Einzelheiten, die für alle Arbeitsverhältnisse gelten.
Im Urteilsfall ging es um die Klage eines in 40 Stunden vollzeitbeschäftigten Busfahrers, der von seinem Arbeitgeber für ca. 650 Überstunden eine Vergütung verlangte. Letztlich wurde der Arbeitgeber dazu verurteilt, 108 Mehrarbeitsstunden zu vergüten. Zu dieser Zahl gelangte das Landesarbeitsgericht (LAG), indem es eine halbe Überstunde pro Arbeitstag im Wege einer Schätzung nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) als berechtigt annahm.
Die BAG-Richter haben die LAG-Entscheidung bestätigt. Sie betonten, dass der Arbeitnehmer Überstunden darlegen und beweisen muss, und stellten darüber hinaus fest:
Wenn Mehrarbeit unstreitig durch den Arbeitgeber veranlasst worden ist, der Arbeitnehmer aber nicht jede einzelne Stunde darlegen und beweisen kann, darf das Gericht die tatsächliche Anzahl der Überstunden nach § 287 ZPO schätzen. Eine solche Schätzung ist möglich, wenn
Richtigerweise waren auch nach Ansicht des BAG die Vorinstanzen und der Arbeitnehmer selbst von einer vereinbarten 40-Stunden-Woche ausgegangen. Von einer höheren regelmäßigen Wochenarbeitszeit sei nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag gerade nicht auszugehen. Auch bestehe regelmäßig ein Anspruch, Überstunden vergütet zu bekommen. Eine fehlende Regel im Arbeitsvertrag ändere daran nichts.
Um Streitigkeiten um Arbeitszeit und Überstunden von vornherein zu vermeiden, sollte der Praxisinhaber folgende Punkte zur Arbeitszeit konkret im Arbeitsvertrag festlegen:
Darüber hinaus kann der Praxisinhaber eine bestimmte Anzahl von Überstunden als mit der monatlichen Vergütung abgegolten regeln. Insofern ist er gehalten, eine Grenze von ca. 10 Prozent der wöchentlichen bzw. der monatlichen Regelarbeitszeit als Höchstgrenze der abgegoltenen Überstunden festzulegen. Überschreitet er diese Grenze, ist die entsprechende Bestimmung des Arbeitsvertrags unangemessen benachteiligend und damit nach § 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch unwirksam. Zwar hat das BAG entschieden, dass eine pauschale Abgeltung von 20 monatlichen Überstunden bei einer 40-Stunden-Woche nicht zu beanstanden sei (Urteil vom 16.05.2012, Az. 5 AZR 331/11). Die o. g. 10-Prozent-Grenze sollte aber nicht ohne Not zu sehr „ausgereizt“ werden.
Fazit |
Generell können Praxisinhaber weiterhin Klagen auf Vergütung von Überstunden mit einer gewissen Gelassenheit entgegensehen. Ob und in welcher Form das im Streitfall angerufene Gericht tatsächlich schätzen wird, wenn Überstunden zwar generell feststehen, hingegen die Darlegung hinsichtlich jeder einzelnen Stunde nicht ausreicht, wird die Zukunft erweisen. An der grundsätzlichen Darlegungslast des Arbeitnehmers, wann genau welche Überstunden abgeleistet und angeordnet worden sind, ändert sich auch durch die Entscheidung des BAG nichts. Der Arbeitnehmer muss bezüglich der Mehrarbeit das genaue Datum, die Uhrzeit sowie die Aufgaben angeben, die er in den Überstunden zu erbringen hatte. Ebenso muss er darlegen und beweisen, wie und durch wen die Überstunden angeordnet worden sind. |
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