Darum scheitern Radiologie-Kooperationen und darum sind andere erfolgreich

von Geschäftsführer Dr. Bernd May, MBM Medical-Unternehmensberatung GmbH, Mainz

Für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Kliniken und radiologischen Praxen sind verschiedene Kriterien wichtig. Schon im Vorfeld sollte man sich über Fragen klar werden wie: Welche Fehler sollen die Partner bei der Entscheidung über das Ob und Warum einer Kooperation vermeiden? Welche Faktoren sind während der Kooperation für einen dauerhaften Erfolg wichtig? Inwiefern kommt es auf Softskills wie „Flexibilität im Denken und Handeln“, Anpassungsfähigkeit an sich ändernde unternehmerische, fachlich-qualitative und politische Rahmenbedingungen an?

Entscheidung aus Klinikperspektive 

Aus der Klinikperspektive sind die Hauptentscheidungskriterien für eine Kooperation:

  • Versorgungskosten senken
  • Servicefunktion verbessern (Zeitspannen zur Untersuchungsanmeldung in der Radiologie, Untersuchungsdurchführung, Befundverfügbarkeit)
  • Vertrauen in Versorgungsqualität, Innovationsbereitschaft, betriebswirtschaftliche Steuerung und Controlling sowie Personalmanagement haben

Die Senkung der Versorgungskosten als großer Kostenblock spielt eine entscheidende Rolle. Hier kann von Anfang an eine erhebliche Entlastung schnell und spürbar realisiert werden.

Unter betriebswirtschaftlicher Betrachtung hat dagegen die Versorgungsqualität die größere Bedeutung. Das ist allerdings ein Erfahrungswert, der erst im Laufe einer gelebten Kooperation zuwächst und kritisch überprüft werden kann.

Entscheidung aus Praxisperspektive 

Aus Sicht der radiologischen Praxis weichen die Entscheidungskriterien vor Beginn einer Kooperation von denen einer Klinik-Geschäftsführung deutlich ab:

  • Zusatzerlöse oberhalb des EBM durch Versorgung von GKV- und vor allem PKV-Patienten erwirtschaften
  • Unabhängigkeit maximieren (möglichst keine wirtschaftliche Verflechtung mit der Klinik bzw. dem Träger)
  • Apparative und personelle Ausstattung, das Leistungsgeschehen und das betriebswirtschaftliche Management überwachen
  • Sämtliche Baumaßnahmen und deren Kosten auf Klinik abwälzen (aber: Mietkosten auf ortsüblichem Niveau)
  • Möglichst Beteiligung am Bereitschaftsdienst vermeiden
  • Teilnahme an den klinischen Konferenzen gesondert vergüten

Dynamik der Kooperation 

Jede Kooperation mit dem Ziel der Integration stationärer und ambulanter Versorgungsstrukturen verläuft dynamisch. Die Entwicklung wird beeinflusst durch:

  • Organisatorische Bedingungen
  • Anforderungsverhalten der klinischen Abteilungen
  • Betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen
  • Politische Rahmenbedingungen

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist dauerhaft nur gegeben, wenn auf beiden Seiten der Wille und die Bereitschaft zur Anpassung vorhanden sind und gelebt werden.

Darum scheitern Kooperationen 

Praxis-Klinik-Kooperationen scheitern aus den folgenden Gründen:

  • (Sozial-)Kompetenz der Geschäftsführung
  • Falsche Selbstwahrnehmung der eigenen Stärken/Schwächen
  • Qualitätsmängel (keine Kongruenz zwischen dem klinischen Anforderungsprofil und den fachlichen Schwerpunkten in der Radiologie, apparativ wie personell)
  • Mangelnde Service- und Dienstleistungsbereitschaft, fehlende Anpassung des Leistungsportfolios
  • Mangelnde Flexibilität bei der Anpassung an geänderte Bedingungen
  • Mangelhafte betriebswirtschaftlicher Kenntnisse
  • Wechsel im Klinikmanagement (Überprüfung der bisherigen Kooperationsbedingungen, neue Vorstellungen über geänderte Kooperationsbedingungen)

Beispiel Sozialkompetenz

Schwierig entwickeln sich Kooperationen, wenn sowohl Praxis als auch Klinik durch ein „Alpha-Tier“ vertreten werden, berichtet ein erfahrener ärztlicher Geschäftsführer einer Radiologiegruppe mit sechs Klinikkooperationen. Hier sind kluges Analysieren und Verhandeln mit einer Gesamtsicht der Vor- und Nachteile der Kooperation mit entsprechender Gewichtung gefragt. Werden in der Realität die eigenen Stärken jedoch überzogen wahrgenommen, können keine tragfähigen Kompromisse erarbeitet werden und die Kooperationen scheitern.

 

Beispiel Qualität

Ein großes Problem kann die Versorgungsqualität darstellen, wenn sie vom Praxismanagement nicht an die Versorgungsschwerpunkte der Klinik angepasst wird. Hierzu sind nicht nur apparative Innovationen erforderlich, sondern auch Investitionen in ärztliche Partner mit entsprechendem Spezialwissen. Ohne diese Spezialisierung der Leistungserbringer ist die von den klinischen Partnern geforderte Qualitätsnachfrage nicht zu erfüllen.

 

Beispiel Service

Aus der Perspektive einer Praxis ist eine Klinik – je nach Größe und Abteilungsstruktur – der größte Leistungsnachfrager mit Erlösanteilen, die weit über die EBM-Anteile hinausgehen können. Die Anpassung an die Serviceerwartung eines solchen Kunden durch die Praxis muss selbstverständlich sein.

 

Beispiel Bedingungen

Viel Flexibilität erfordert der Umgang mit den Vergütungsstrukturen für die Behandlung von GKV-Patienten einer Klinik versus den Erlösen, die der Praxis aus der Versorgung der stationären Privat-Patienten zufließen. Das Gesamtpaket ist entscheidend, sodass der GOÄ-Steigerungsfaktor 1,0-fach kein starres Kriterium sein muss.

ERFAHRUNGSBERICHT | Aufseiten des ambulanten Partners ist ein differenziertes Verständnis für die Versorgungsbedingungen des klinischen Partners gefragt, berichtet Dr. Johannes Hezel, ärztlicher Leiter eines überregionalen MVZ in Schleswig-Holstein mit mehr als 30 Ärzten und fünf Klinikkooperationen.

 

Eine zentrale Führungsstruktur ist unerlässlich 

Die Rahmenbedingungen für die Leistungsvergütung in der EBM-Welt erzwingen bei den Praxen Konzentrationsprozesse. Im Ergebnis müssten Praxen mit 20 und mehr Radiologen sowie Partnerschaften mit Kliniken entstehen. Derartige Gruppen sind in ihrer Zusammensetzung unter den Gesichtspunkten der Sozialkompetenz, der fachlichen Profilierung, der Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit innerhalb der Gruppe und bei deren langfristiger Weiterentwicklung sehr inhomogen.

Entweder wird die Gruppe von einem mit Managementtalenten ausgestatteten Geschäftsführer in der Weise geführt, dass homogen für die Gruppe wirkende Entscheidungen getroffen werden können. Oder aber die Gruppe ist aus sich heraus konsensfähig (dies hat der Autor in seiner 30-jährigen Berufspraxis allerdings tatsächlich nur in einem einzigen Fall erlebt). Insofern spielt also eine zentrale Führungsstruktur beim Zustandekommen von Entscheidungen die wesentliche Rolle.

ERFAHRUNGSBERICHT | Im Ergebnis scheitern Kooperationen oft an der Inhomogenität der Interessen und der fehlenden effizienten zentralen Führungsstruktur, wie Dr. Johannes Hezel erklärt.

Dann sind Kooperationen erfolgreich 

Die Erfolgskriterien einer integrierten radiologischen Versorgung lassen sich leicht zusammenfassen:

  • Die Entscheidungen werden in der Gruppe in überschaubaren Zeiträumen eindeutig getroffen.
  • Aufseiten der Praxis und der Klinik ist ein ausgeprägter Wille zur Anpassung an neue unternehmerische, fachliche, finanzielle und politische Rahmenbedingungen vorhanden.
  • Für hohe Qualität orientieren sich die Partner nicht nur an der apparativen Ausstattung, sondern beschäftigen Ärzte mit fachlichen Schwerpunkten, die mit dem klinischen Anforderungsprofil korrespondieren.
  • Alle Beteiligten sind zur interdisziplinären und intersektoralen Zusammenarbeit bereit.
  • Bei allen Beteiligten besteht eine ausgeprägte Dienstleistungsbereitschaft.
  • Kein Partner nutzt die eigenen Stärken bzw. betriebswirtschaftlichen Schwächen des anderen einseitig aus; stattdessen werden ausgewogene wirtschaftliche Vertragsbedingungen entwickelt.

ERFAHRUNGSBERICHT | Dr. Karlgeorg Krüger aus Essen blickt auf eine 30-jährigen Erfahrung bei der Versorgung der stationären Patienten eines dynamisch sich entwickelnden Klinikumfeldes zurück. Aus seiner Kooperationserfahrung heraus fordert er zusätzlich, dass die gesamte radiologische Versorgung nicht getrennt wird, sondern in der Hand eines Partners zusammengeführt wird.

Er wünscht sich nur eine möglichst geringe wirtschaftliche Verflechtung mit dem Träger, betont die hohe Dienstleistungsbereitschaft über 24 Stunden an sieben Tagen der Woche. Hierbei setzt er auch auf die teleradiologische Versorgungskette mit kompletter Digitalisierung und der Garantie eines Facharztstandards.

Großen Wert legt er auf ein hohes Serviceniveau mit kurzen Wartezeiten für die Patienten und den klinischen Partner bei Untersuchungsanmeldung, Untersuchungsdurchführung und Befundverfügbarkeit. Interdisziplinäres Arbeiten sei wichtig. Für die Kommunikation mit den anfordernden Kliniken müssten die Voraussetzungen für ein leistungsstarkes RIS/PACS geschaffen werden.

Wichtig seien auch regelmäßige Termine mit der Klinik-Geschäftsleitung und der Austausch über die Bedingungen reibungsfreier Versorgungsabläufe.

Die Geschäftsführung einer maximal versorgenden Klinikgruppe mit Beteiligung an einem radiologischen MVZ solle Wert darauf legen, dass der Praxispartner mit Verantwortung für das Prozessmanagement im MVZ die Versorgungsprozesse der Klinik effizient unterstützt. Über die Vertragsarztsitze im MVZ sollte die ambulant-fachärztliche Versorgung im Umfang der zulässigen Budgets auf das MVZ konzentriert werden. Außerdem dürften die ambulanten Privat-Patienten nicht am MVZ vorbei in die einzelnen Praxisstandorte geleitet werden.

Zu allem gehöre eine entsprechende apparative Ausstattung im MVZ ebenso wie eine mit fachärztlichen Spezialisten. So könnten die diagnostischen und interdisziplinären Versorgungsprozesse innerhalb des MVZ unter einem Klinikdach homogen ablaufen. Sie erfordern nicht etwa das Einschalten externen Know-hows an anderen Standorten.