Arztpraxis-Mietvertrag zu Miete, Nebenkosten, Konkurrentenschutz und Mitmietern (Teil 1)

von RAin Kornelia Reinke, Bonn

Mieter und Vermieter sind in der Gestaltung eines Geschäftsraummietvertrags über eine Arztpraxis grundsätzlich freier als die Mietparteien eines Wohnraummietvertrags – es gibt nur wenige gesetzliche Vorgaben. Beispielsweise fehlt ein Kündigungsschutz für den Arzt, weil der Gesetzgeber zunächst davon ausgegangen ist, dass der Mieter von Geschäftsräumen weniger schutzbedürftig als der Mieter von Wohnraum ist. Mittlerweile hat die Rechtsprechung dies zugunsten des Mieters eines Geschäftsraummietvertrags eingeschränkt.

Räume und Nutzungsrecht sind zu überprüfen 

Der Mieter einer Arztpraxis sollte vor dem Abschluss des Mietvertrags prüfen, dass die im Mietvertrag genau bezeichneten Räume für den Betrieb einer Arztpraxis geeignet und als solche auch nach bauordnungsrechtlichen Bestimmungen genutzt werden dürfen. Der Vermieter muss dafür Sorge tragen, dass der Praxisbetrieb ohne Störungen ausgeübt werden kann, die in seinem Verantwortungsbereich liegen.

Übergabe genau protokollieren 

Das Übergabeprotokoll sollte sehr sorgfältig erstellt werden. Es dient – vor allem bei Beendigung des Mietverhältnisses – als Beweis dafür, in welchem Zustand sich die Räume bei Übergabe befunden haben. Eine Klausel, wonach der Vermieter für Mängel, die er nicht zu vertreten hat, auch nicht haftet (z. B. für Baulärm), ist unwirksam.

Zum Mietzins 

Fehlt eine Mieterhöhungsklausel, ist eine einseitige Mieterhöhung durch den Vermieter nur möglich, wenn

  • die Parteien dazu eine (in der Regel) schriftliche Vereinbarung treffen. Dies gilt sogar für eine geringfügige Mieterhöhung, wenn die Miethöhe für den Zeitraum von mehr als einem Jahr geändert wird und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann. Wird die Schriftform nicht eingehalten, kann sich der Vertragspartner auf einen Verstoß hiergegen berufen.
  • der Vermieter eine Änderungskündigung ausspricht und dem Mieter einen neuen Mitvertrag vorlegt, der die gleichen mietvertraglichen Regelungen enthält mit Ausnahme der Miete, die erhöht wurde. Diese Möglichkeit setzt aber voraus, dass der Mietvertrag vom Vermieter ordentlich gekündigt werden kann. Damit entfällt diese Art der Mieterhöhung bei Zeitmietverträgen.
  • eine Staffelmiete vereinbart wurde, bei der künftige Mietsteigerungen bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gewerbemietvertrags im Voraus bestimmt werden. Die für das Wohnungsmietrecht bestehende Vorschrift zur Staffelmiete des § 557a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gilt im Gewerberaummietrecht, also auch für Arztpraxen nicht.
  • Ist die Staffelmiete vereinbart, kann sich der Mieter nicht darauf berufen, dass er im Laufe der Mietzeit vergleichbare Räume wesentlich günstiger anmieten könnte (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 27.10.2004, Az. XII ZR 175/02; Urteil vom 08.05. 2002, Az. XII ZR 8/00).
  • eine Wertsicherungsklausel vereinbart wurde. Wertsicherungsklauseln sind nur wirksam, wenn der Mietvertrag mindestens auf zehn Jahre befristet wurde oder dem Mieter eine Option eingeräumt wurde, sodass das Mietverhältnis auf Wunsch des Mieters auf mindestens zehn Jahre verlängert werden kann. Für die Wirksamkeit der Wertsicherungsklausel kommt es darauf an, dass die Schriftform des Mietvertrags eingehalten wurde.

Zu den Nebenkosten 

Auch bei Mietverträgen über Arztpraxen kann der Vermieter auf die Betriebskostenverordnung, hier auf die in § 2 Ziffer 1 – 17 BetrKV bezeichneten Betriebskosten verweisen.

Will der Vermieter darüber hinaus Nebenkosten geltend machen, muss er diese detailliert beschreiben und vereinbaren. So genügt es z. B. nicht, wenn dem Mieter die Kosten der Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen auferlegt werden. Ohne eine Begrenzung der Kosten sei die Regelung in jedem Fall unwirksam (BGH, Urteil vom 10.09.2014, Az. XII ZR 56/11).

Der Vermieter hat bei den Nebenkosten das Gebot der Wirtschaftlichkeit einzuhalten, sonst kann der Mieter die Betriebskosten auf das zulässige Maß kürzen. Der Vermieter darf also keine unnötigen oder zu hohen Betriebskosten verursachen. Er ist verpflichtet, die Preise mehrerer Anbieter miteinander zu vergleichen.

Geschäftsräume, die nicht vermietet sind, muss der Vermieter in die Betriebskostenabrechnung miteinbeziehen. Die Kosten für diese leerstehenden Räume hat der Vermieter zu tragen. Der Vermieter darf bei Leerstand nicht einseitig den Abrechnungsschlüssel ändern.

Die Mietkaution 

Im Geschäftsraummietvertrag kann die Höhe der Kaution frei vereinbart werden. Grenze für die Höhe der Kaution ist, dass diese nicht schikanös sein darf und im Sicherungsinteresse des Vermieters liegen muss. Bei der Geschäftsraummiete muss der Vermieter die Kaution nicht verzinsen. Hier kommt es darauf an, was die Parteien im Mietvertrag geregelt haben.

Die Kaution haftet auch für eventuelle Nebenkostennachzahlungen, die bei Mietende noch nicht fällig waren.

Der Vermieter kann zudem nach Mietende neben einer Zahlungsklage wegen Mietrückständen die noch nicht gezahlte Kaution einklagen, wenn das Sicherungsinteresse noch nicht erloschen ist, weil z. B. Schadenersatzansprüche gegen den Mieter bestehen.

Konkurrenzschutz vereinbaren 

Konkurrenzschutz ist im Prinzip auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Mietvertrag gegeben, provoziert in der Praxis aber in der Regel viel Streit! Deshalb sollte dieser Punkt geregelt werden.

Wird der Konkurrenzschutz durch den Vermieter verletzt, führt dies zu einem Mangel der Mietsache, soweit nicht nur eine unerhebliche Beeinträchtigung vorliegt. Dieser Mangel berechtigt den Mieter zur Mietminderung sogar dann, wenn es keine ausdrückliche vertragliche Regelung zwischen den Parteien zum Konkurrenzschutz gibt.

Aufnahme weiterer Ärzte regeln 

Die Aufnahme weiterer Ärzte ist aus Sicht des Vermieters nicht unbedeutend, wenn z. B. ursprünglich nur an einen Arzt vermietet worden ist. Bei der Aufnahme weiterer Ärzte können eventuell bauliche Veränderungen nötig werden. Daher sollten die Mietparteien diesbezüglich eine gemeinsame Übereinkunft treffen.

Für die Einzelpraxis können folgende Nachfolge- und Kooperationsklauseln aufgenommen werden:

  • Mit einer Nachfolgeklausel kann die Fortführung der Arztpraxis durch einen Nachfolger gesichert werden, ohne dass es einer Neuvermietung bedarf. Der Vermieter wird sich ein Recht zur Zustimmung einräumen lassen. Hierbei darf er die Zustimmung jedoch nur aus einem wichtigen Grund verweigern, z. B. bei mangelnder Bonität.
  • Möchte der Praxisinhaber seine Einzelpraxis erweitern, sollte im Mietvertrag mittels einer Sozietätsklausel vereinbart werden, dass er Anspruch auf Aufnahme weiterer Ärzte hat. In diesem Zusammenhang sollte der Mietvertrag vorsehen, dass durch die Aufnahme weiterer Ärzte das Mietverhältnis, hier vor allem die Miete unverändert bleibt.
  • Eine Möglichkeit zur Untervermietung sollte der Mietvertrag in jedem Fall haben.

Für eine bestehende Gemeinschaftspraxis als Mieter ist darauf zu achten, dass die Gemeinschaftspraxis als solche Mieter ist und nicht die einzelnen Ärzte. Scheidet ein Arzt aus der Gemeinschaftspraxis aus und kommt ein neuer Arzt hinzu, bedarf es keiner Zustimmung des Vermieters.

Muster- versus Individualregelung 

Allen Musterverträgen ist gemeinsam, dass sie eine individuelle Mietsituation und Lebenssachverhalte nicht berücksichtigen können und wollen. Ein Mustermietvertrag ist nur eine Hilfe. Die dargestellten Erläuterungen und Ergänzungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch die Gestaltungsmöglichkeiten sind zahlreich. Individuelle Vereinbarungen sind jedem Muster vorzuziehen. Die Parteien sollten bei Abschluss eines Mietvertrags gemeinsam überlegen, was sie regeln wollen. Dabei sollen sie sich nicht als Gegner sehen, sondern kooperativ zusammenarbeiten. Nur so lassen sich Streitigkeiten während und auch bei Beendigung des Mietvertrags vermeiden.

Weiterführender Hinweis

  • Einen Muster-Mietvertrag über eine Arztpraxis finden Sie im Download-Bereich unter www.rwf-online.de.