Antikorruptionsgesetz verabschiedet – Auswirkungen auf Verträge von Radiologen?

von RA und FA für Arbeits- und MedR Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de

Der Bundesrat hat am 13. Mai 2016 das „Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“, kurz Antikorruptionsgesetz, passieren lassen, sodass es Mitte dieses Jahres in Kraft treten kann.

Die neuen Tatbestände 

Von besonderer Bedeutung für Radiologen sind folgende, auszugsweise zitierte neue Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB):

„Wer als Angehöriger eines Heilberufs (…) im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er (…) bei der Zuführung von Patienten (…) einen anderen im (…) Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt, wird (…) bestraft.“ (§ 299a StGB).

Eine vergleichbare Strafdrohung enthält der neue § 299b StGB:

„Wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des § 299a im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er (…) bei der Zuführung von Patienten (…) ihm oder einen anderen im (…) Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird (…) bestraft.“

Wichtig für Radiologen 

Kooperationen zwischen Radiologen und Ärzten anderer Fachrichtungen sowie zwischen Radiologen und Krankenhäusern stehen seit Jahren wegen des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt unter besonderer Beobachtung (siehe dazu § 31 Muster-Berufsordnung [MBO-Ä] und Berufsordnungen der Landesärztekammern). Verstöße gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt konnten schon immer zivil-, berufs-, wettbewerbs- und strafrechtliche Konsequenzen für die Beteiligten nach sich ziehen:

  • Entsprechende Vereinbarungen sind nichtig, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstoßen, wonach im Prinzip für Leistungen aufgrund derartiger Vereinbarungen kein Entgelt verlangt werden kann.
  • Die berufsrechtlichen Konsequenzen hängen vom Umfang des Verstoßes ab.
  • Das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt ist eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), sodass auch Wettbewerber und Ärztekammern dagegen mit dem Mittel der Unterlassungs- und/oder Schadenersatzklage vorgehen können.
  • Zahlungen aufgrund solcher Vereinbarungen von einem an den anderen Kooperationspartner konnten zudem den Verdacht der Untreue nach § 266 StGB begründen.

Hier kann es jetzt kritisch werden 

Durch die §§ 299a und b StGB werden Vorteile für die Zuführung von Patienten sowohl für den, bei dem die Vorteile ankommen, als auch für den, von dem die Vorteile kommen, zusätzlich unter Strafe gestellt. Vor diesem Hintergrund sollten die folgenden drei Kooperationsgestaltungen nochmals von den Beteiligten besonders kritisch überprüft werden, wobei die Aufzählung nicht abschließend ist und es stets auf die genaue Betrachtung des Einzelfalls ankommt.

1. Teil-BAG für MRT-Leistungen 

Kritisch sind zunächst Kooperationen zwischen Radiologen und Ärzten anderer Fachrichtungen, insbesondere Orthopäden, wenn diese MRT-Leistungen in Teilberufsausübungsgemeinschaften (Teil-BAG) erbringen. Das Erbringen von MRT-Leistungen gehört originär zum Fachgebiet des Radiologen. Sofern der Orthopäde über keine zusätzliche Qualifikation verfügt, ist die MRT-Untersuchung für ihn fachfremd (OLG Celle, Urteil vom 22.10.2007, Az. 1 U 77/07). So benötigt der Radiologe für die MRT-Leistung zwar einen Patienten, der ihm vonseiten des Orthopäden überwiesen wird, nicht aber den Orthopäden. Orthopäden können insofern grundsätzlich nichts zu den MRT-Leistungen beisteuern. Hier kann der Gesellschaftszweck im Regelfall nur in der Vermögensmehrung des Orthopäden bestehen, der an den Einnahmen aus der Erbringung der MRT-Leistungen partizipiert. Dieser ist jedoch unzulässig, sodass hier ab dem Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes ein zusätzliches Risiko auf die Beteiligten zukommen könnte.

2. Gerätevermietung an Radiologen 

In der Praxis recht häufig sind Kooperationen zwischen Orthopäden (bzw. Ärzten anderer Fachrichtungen) auf der einen und Radiologen auf der anderen Seite, bei der die anderen Fachärzte das (oder die) MRT-Gerät(e) anschaffen und an einen (oder mehrere) Radiologen vermieten, die die Leistungen erbringen. Von den Radiologen wird dafür deutlich mehr als der marktübliche Mietpreis gezahlt. Die Patienten derjenigen Ärzte, die Eigentümer der MRT-Geräte sind und die eine MRT-Leistung benötigen, landen „zufälligerweise“ besonders häufig bei denjenigen Radiologen, die die Geräte angemietet haben. Beteiligte derartiger Kooperationen sollten im Hinblick auf das kommende Antikorruptionsgesetz besonders kritisch prüfen, ob das Verlangen bzw. die Zahlung eines nicht marktüblichen Mietzinses nicht nur eine verdeckte Zuweiserpauschale darstellt, sondern möglicherweise unter das Antikorruptionsgesetz fällt.

3. Nutzung von KH-Geräten 

Bei der Zusammenarbeit zwischen Radiologen und Krankenhäusern sind durchaus Vereinbarungen üblich, bei denen radiologische Großgeräte von einer Vertragspartei angeschafft, von beiden Vertragsparteien aber gemeinsam genutzt werden. Die Radiologen behandeln im Rahmen derartiger Kooperationen eigene Patienten. Es findet aber auch oft eine wechselseitige Zuweisung von Patienten statt. Unkritisch erscheint es, wenn an den Käufer der radiologischen Großgeräte von dem Vertragspartner ein adäquates und marktübliches Entgelt für die Gerätenutzung gezahlt wird. Bedenklich wird es, wenn allein (oder ggf. zusätzlich) an den Käufer eine nutzungsunabhängige Pauschale gezahlt wird. Dies gilt besonders, wenn es von diesem Vertragspartner auch zur Zuweisung von Patienten an denjenigen kommt, der zahlen muss. Hierin könnte sowohl eine verbotene Zuweisung gegen Entgelt – da leistungsunabhängige Zahlung (OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.2.2016, Az. 6 U 15/11) – als auch eine Unrechtsvereinbarung liegen, die unter das Antikorruptionsgesetz fällt.

Fazit

Es erscheint empfehlenswert, bestehende Kooperationsvereinbarungen zwischen Radiologen und Ärzten anderer Fachrichtungen bzw. Krankenhäusern zeitnah zu überprüfen.